Süddeutsche Zeitung

Klimagipfel Kopenhagen:Wütende Entwicklungsländer

"Damit können wir nicht einmal die Särge bezahlen": Der Streit um die Kosten des Klimaschutzes zwischen Industrie- und Entwicklungsländern eskaliert.

Der Streit über die Kosten beim Kampf gegen den Klimawandel droht zu eskalieren. Der Block der 135 Entwicklungsländer wies das aktuelle Angebot auf der Kopenhagener Konferenz als völlig unzureichend zurück. Die zehn Milliarden Dollar Anschubfinanzierung, die im aktuellen Entwurf für die Gipfelerklärung stehen, reichten nicht aus, "um genug Särge für die Menschen in den Entwicklungsländern zu kaufen" sagte der Vorsitzende des Blocks, der Sudaner Lumumba Di-Aping, am Mittwoch in Kopenhagen.

Di-Aping verwies darauf, dass zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise mehr als eine Billion Dollar bereitgestellt worden seien. Die versprochenen Anstrengungen für die Klimaschutzentwicklungshilfe falle demgegenüber ab. "Wenn die Erderwärmung das größte Risiko für die Menschheit ist, wie können Sie dann die zehn Milliarden erklären" fragte er in Richtung von Gipfelgastgeber Dänemark.

Den Vorstoß der Pazifikinsel Tuvalu, den Gipfel auf das Ziel festzulegen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, stoppte Dänemark abrupt. Konferenzchefin Connie Hedegaard reichte einen Entsprechenden Antrag einfach nicht weiter. Die Staatengemeinschaft will sich zu einer Begrenzung der Erwärmung um zwei Grad bekennen. Schon dafür ist nach Ansicht des Weltklimarates eine Halbierung der CO2-Emissionen bis 2050 notwendig.

Nach Ansicht von SPD-Chef Sigmar Gabriel kann nur stärkerer internationaler Druck auf die USA die Weltklimakonferenz noch zum Erfolg führen. Amerika müsse verbindliche Klimaziele anerkennen, denn die aktuellen Vorschläge des US-Präsidenten Barack Obama entsprächen nur zehn Prozent dessen, was Deutschland tue und was eigentlich notwendig sei, sagte der ehemalige Bundesumweltminister. Wenn die Staatengemeinschaft nicht handele, werde alles viel teurer.

Die Menschen verlören jetzt schon ihre Heimat durch Ausbreitung der Wüsten, erklärte Gabriel. "Es gibt gigantische Flüchtlingsströme. Und deswegen ist jetzt zu investieren." Dies sei weit preiswerter als nichts zu machen.

Gore fordert Preis auf Kohlendioxid

Friedensnobelpreisträger Al Gore warnte vor "kurzfristigem Denken" im Klimaschutz. "Letztlich muss sich das Denken der Unternehmer verändern", forderte der frühere US-Vizepräsident laut Vorabmeldung des Magazins Stern. Es sei "ein Wahnsinn", dass man den jeweiligen Quartalszahlen selbst das opfere, was langfristig gut für ein Unternehmen sei wie etwa Energieeffizienz.

Der Klimawandel sei eine "nie dagewesene Bewährungsprobe für unsere Demokratie", sagte Gore weiter. Umso wichtiger sei ein Erfolg in Kopenhagen. Reine Absichtserklärungen reichten nicht mehr aus. Spätestens im kommenden Jahr müsse ein Vertrag auf globaler Ebene erreicht werden, der einen Preis auf das Treibhausgas Kohlendioxid erhebe - entweder durch eine CO2-Steuer oder durch CO2-Handel mit Hilfe von Zertifikaten. Er sei zuversichtlich, dass auch die USA 2010 ein Klimagesetz verabschieden würden.

Greenpeace-Protest auf dem Colosseum in Rom

In Rom erklommen Greenpeace-Aktivisten das Colosseum und bildeten eine Blume, um den Druck auf die Kopenhagen-Konferenz zu erhöhen. Etwa 50 Mitglieder der Umweltschutzgruppe formten am Fuße des römischen Wahrzeichens mit ihren Körpern den Slogan "Act Now"(Handele jetzt).

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