Klimagipfel Kopenhagen:Krieg und Klima

Beim Klimagipfel in Kopenhagen geht es auch um Krieg und Frieden: Was der CO2-Ausstoß in Deutschland mit den Todesreitern in Darfur zu tun hat.

Arne Perras

Zwischen den Samtsesseln in Kopenhagen und den Todeszonen in Darfur liegen gut 5000 Kilometer. Das ist vermutlich weit genug, um den Krieg im Westsudan, der einige hunderttausend Menschen das Leben gekostet hat, mit kühler Distanz zu betrachten - als ginge das Morden in der Halbwüste den Rest der Welt kaum etwas an.

Klimagipfel Kopenhagen Darfur Sudan Frieden Krieg Klima, AFP

Sudanesische Frauen stehen um Wasser an.

(Foto: Foto: AFP)

Und was haben die Todesreiter von Darfur auch schon mit dem CO2-Ausstoß, Treibhausgasen und der Erderwärmung zu tun? Mehr, als es sich die zum Klimagipfel versammelten Staaten eingestehen wollen.

Auch wenn der Darfur-Krieg kompliziert erscheint und viele Ursachen hat, eines ist gewiss: Der globale Klimawandel verschärft den Kampf um Wasser und Weideland, er entfaltet große Sprengkraft in Gebieten, wo Ressourcen für Menschen immer knapper werden.

Dies gilt nicht nur für den Westsudan, sondern auch für viele andere Gebiete der Erde. Die meisten davon liegen in Afrika, einem Kontinent, der schon durch viele kriegerische Umbrüche immer wieder zurückgeworfen wurde. Umso wichtiger ist es, gerade in Afrika neuen Konfliktstoff zu vermeiden. Klimaschutz ist damit eine der wichtigsten Investitionen in die Zukunft Afrikas.

Darfur ist zwar ein extremes Beispiel, aber es ist längst offenkundig, dass steigende Temperaturen auf dem Kontinent, extreme Wetterschwankungen, Dürren, Fluten und Stürme Millionen afrikanische Bauern und Nomaden an den Rand ihrer Existenz treiben. All dies muss nicht immer neue Kriege entfachen.

Aber die Risiken, dass Spannungen und Konflikte wegen der Erderwärmung eskalieren, nehmen doch erheblich zu. Das explosive Potential des Klimawandels für die Gebiete südlich der Sahara zu unterschätzen, könnte sich rächen.

Afrika wird am stärksten unter den Folgen des Klimawandels leiden, obgleich der Kontinent nie die treibende Kraft hinter all diesen Veränderungen war. Sicherlich tragen auch die Afrikaner zur Welterwärmung bei, weil sie seit Jahrhunderten heimisches Holz verbrennen, um Maisbrei und Hühnchen zu kochen. Aber das ändert nichts daran, dass die Hauptlast bei den Industrienationen liegt. Insofern ist es plausibel, wenn diese reichen Staaten nun auch finanziell dabei helfen, die schlimmsten Folgen in den Armutszonen Afrikas abzufedern.

Das hat mit globaler Gerechtigkeit zu tun, aber auch mit dem Eigennutz der reichen Nationen. Denn es wird viel teurer werden, neu aufflammende Konflikte zu stoppen und womöglich Millionen Umweltflüchtlinge aufzunehmen und zu versorgen als jetzt in den globalen Klimaschutz zu investieren. Allerdings erfordert dies auch, Verantwortung für kommende Generationen zu übernehmen, was im politischen Geschacher dieser Tage eher selten ist.

Die Konferenz in Kopenhagen könnte ein Impuls dafür sein, diesen Lernprozess zu fördern, der die Zukunft unserer Nachkommen sichert. Das alles ist gar nicht so kompliziert, aber es erfordert mehr politischen Willen, als bislang erkennbar ist.

Investieren statt füttern

Die afrikanischen Staaten sind aber auch selbst gefordert. Denn nur sie können die nötigen Strategien auch umsetzen, die ihr Überleben trotz harscher Umweltbedingungen sichern.

Die gute Nachricht lautet, dass sie dafür Expertise aus aller Welt heranziehen können: um Saatgut zu verbessern, um neue Anbautechniken zu testen, die Aufforstung voranzutreiben und sich gegen den Vormarsch der Wüste zu wappnen. Die schlechte Nachricht sagt, dass es gar nicht so einfach ist, das Geld dafür in die richtigen Hände zu legen.

Was für die globale Entwicklungshilfe der letzten Jahrzehnte gilt, trifft leider auch auf die Finanztransfers für den Klimaschutz zu. Korruption blockiert vielerorts den Aufbau. Im schlimmsten Fall kann Hilfe von außen die Ungerechtigkeiten noch verstärken, die sie eigentlich beseitigen soll.

Es reicht also nicht, jetzt Milliarden für den Klimaschutz in den armen Ländern zu beschließen. Es muss auch einen guten Plan geben, das Geld sauber und klug zu investieren. Ansonsten werden die Milliarden versickern, ohne dass die Afrikaner auf ihren Äckern davon je profitieren.

Bislang siegt oft die Einfallslosigkeit. Das Welternährungsprogramm WFP, das eigentlich nur bei Katastrophen helfen sollte, ist längst damit beschäftigt, Millionen Nomaden und Bauern Jahr für Jahr durchzufüttern. Die Helfer tun dies mit großer Professionalität, und man kann es ihnen kaum zum Vorwurf machen, dass sie täglich Menschenleben retten.

Füttern, füttern, füttern

Aber im Grunde sind solch Einsätze doch nur ein Symptom der großen Hilflosigkeit. Weder die afrikanischen Regierungen noch die helfende Staatengemeinschaft bringen genügend Kraft und Ideen auf, die Ursachen der Ernährungskrisen zu bekämpfen.

Stattdessen heißt die Devise: Füttern, füttern, füttern. Für Afrika ist das erniedrigend, für den Rest der Welt beschämend. Ein gutes Klima-Abkommen könnte jetzt helfen, dass sich dieses triste Verhältnis ändert.

Doch es geht noch um viel mehr: Jedes zusätzliche Grad Celsius wird die Verteilungskämpfe auf dem afrikanischen Kontinent verschärfen, so keimt die Saat für neue Kriege. Deshalb wäre ein mutiger Schritt in Kopenhagen auch ein wahrer Friedenspakt.

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