Klein und die Kundus-Affäre:Ein Auftritt, der Fragen aufwirft

Fünf Stunden sagt Bundeswehr-Oberst Klein vor dem Untersuchungsausschuss aus - es gibt auffällige Widersprüche zu den Umständen des Luftschlags bei Kundus.

Peter Blechschmidt

Vertreter aller Fraktionen im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestags haben Bundeswehr-Oberst Georg Klein ihren Respekt dafür bekundet, dass er sich am Mittwoch ihren Fragen gestellt hat.

Bundeswehr Oberst Georg Klein Luftschlag Kundus ddp

Ordnete den Luftschlag am Kundus-Fluss an: Bundeswehr-Oberst Georg Klein

(Foto: Foto: ddp)

Klein, der den Luftschlag gegen zwei Tanklaster mit bis zu 142 Toten am 4. September vorigen Jahres angeordnet hatte, hätte die Aussage verweigern können. Doch der 48-Jährige empfand es nach eigenen Worten als seine Pflicht, als Staatsbürger in Uniform dem Parlament Rede und Antwort zu stehen. Dabei ging es ihm vor allem darum, angesichts vieler "Vorverurteilungen", so sein Anwalt, seine folgenschwere Entscheidung zu rechtfertigen.

Viele neue Fragen

Nach der fünfstündigen Befragung waren sich die meisten Ausschussmitglieder allerdings auch einig, dass Kleins Einlassungen viele neue Fragen aufgeworfen haben. Das betrifft vor allem die Rolle der Task Force 47, einer vom deutschen Feldlager in Kundus aus operierenden Sondereinheit, die zur Hälfte aus Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) besteht und deren Auftrag lautet, führende Aufständische aufzuspüren.

Klein leitete die Operation gegen die von Taliban entführten Tanklaster aus dem Gefechtsstand der Task Force heraus. Grund war nach seinen Worten, dass es dort die besseren Kommunikationsmöglichkeiten gab.

In seiner Vernehmung, so berichten Teilnehmer, bestritt Klein, dass die Soldaten der Task Force ihn zu seinem Bombardierungsbefehl gedrängt hätten. Der Verdacht war entstanden, weil vier maßgebliche Taliban-Führer, die seit längerem auf der Fahndungsliste der Task Force standen, sich unter den Entführern der Tanklaster befanden. "Ich bin niemand, der sich drängen lässt", hat Klein im Ausschuss gesagt.

Durch seine Aussage wurde allerdings offenbar, dass sich in jener Nacht fünf oder sechs Personen mehr in dem Gefechtsstand aufgehalten haben, als bisher bekannt war, darunter mindestens eine Person in Zivil. Das wiederum nährte die Vermutung, es habe sich um einen Agenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) gehandelt. Nun wäre das nicht verwunderlich, denn natürlich begleitet der BND die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Tatsächlich waren nach Informationen der Süddeutschen Zeitung unter den Personen im Gefechtsstand, die Klein teils gar nicht, teils nur vom Sehen gekannt haben will, zwei BND-Mitarbeiter. Sie hatten jedoch angeblich den Gefechtsstand schon lange verlassen, als Klein den Befehl zum Bombenabwurf gab.

Entscheidung trotz unsicherer Faktenlage

Erst am nächsten Morgen wollen die BND-Agenten von dem Luftschlag erfahren haben. Diese Informationen stützen die Aussage Kleins, er allein sei für die Bombardierung verantwortlich. Darauf hatte Klein im Ausschuss beharrt.

Umso verwunderter zeigten sich Ausschussmitglieder nach der Befragung über die unsichere Faktenlage, aufgrund derer Klein seine Entscheidung getroffen hat. So konnte er den Funkverkehr zwischen seinem Fliegerleitfeldwebel und den beiden US-Piloten, welche die Bomben abwarfen, nicht mithören. Dass diese Piloten insgesamt fünfmal abschreckende Tiefflüge vorgeschlagen haben, will Klein nicht wahrgenommen haben.

Auch Meldungen eines afghanischen Spähers, der die Task Force telefonisch über das Geschehen rund um die Tanklaster auf dem Laufenden hielt, will Klein nur teilweise erhalten haben. Besonders die Information, dass die Tanklaster entladen und dann gesprengt werden sollten, will Klein nicht gekannt haben.

Stattdessen beharrte er darauf, er habe die Bombardierung befohlen, um den Einsatz der Tanker als rollende Bomben gegen das deutsche Feldlager zu verhindern.

Diese und andere Widersprüche will der Ausschuss mit Hilfe der anderen Beteiligten in der nächsten Sitzung am 25.Februar aufzuklären versuchen.

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