FDP-Politiker:Klaus Kinkel ist tot

FDP-Politiker Klaus Kinkel 2014 in Bonn

Der ehemalige Außenminister Klaus Kinkel beim Europa-Parteitag der FDP 2014.

(Foto: imago/sepp spiegl)
  • Der ehemalige FDP-Vorsitzende und Außenminister Klaus Kinkel ist tot.
  • Er verstarb im Alter von 82 Jahren nach schwerer Krankheit.
  • Mit ihm geht ein ungewöhnlicher Typ Politiker.
  • Politiker aller Parteien würdigen Kinkels Lebensleistung.

Der FDP-Politiker Klaus Kinkel ist im Alter von 82 Jahren gestorben. Das teilte sein Sprecher der Süddeutschen Zeitung mit. Kinkel war von 1992 bis 1998 Außenminister sowie ab 1993 Vizekanzler, zuvor war der Jurist Bundesjustizminister gewesen. Er prägte die schwarz-gelbe Regierung unter Kanzler Helmut Kohl mit. Von 1993 bis 1995 war er außerdem Bundesvorsitzender der FDP, in die er erst wenige Jahre zuvor eingetreten war.

Kinkel wurde im baden-württembergischen Metzingen geboren. Seit Jahrzehnten lebte er in der Nähe der langjährigen Bundeshauptstadt Bonn. Am Montag starb der Politiker nach schwerer Krankheit.

Bevor er Minister wurde, gehörte Kinkel bereits lange Zeit zu den Spitzenbeamten der Republik und arbeitete im Innenministerium und im Auswärtigen Amt. Unter anderem leitete er den Bundesnachrichtendienst von 1979 bis 1982 als Präsident.

Kinkel galt als Ziehsohn von Hans-Dietrich Genscher. Beide lernten sich kennen, als der FDP-Mann 1969 das Innenministerium übernahm. Eine Arbeitsbeziehung, die sich "über das dienstliche Verhältnis hinaus zu menschlicher und freundschaftlicher Verbundenheit entwickelte", wie Kinkel der SZ in einem Interview erzählte. Sein Amtsvorgänger im Außenministerium sei "immer ein anstrengender Vorgesetzter" gewesen.

Nach seinem Ausscheiden aus der Spitzenpolitik setzte sich Kinkel als Chef der Telekom-Stiftung für Verbesserungen im Bildungsbereich ein. Vehement forderte er ein Ende des Kooperationsverbots zwischen Bund und Ländern. Kinkel forderte von seiner 2010 mitregierenden FDP, das "Megathema Bildung" in den Mittelpunkt der deutschen Innenpolitik zu rücken.

Kinkel gestaltete die FDP bis zuletzt mit

Kinkel war nie das, was man bei Politikern heute gerne beklagt: dass sie wie ein abgeschliffener, allzu glatter Kieselstein Politik machen. Kinkel war das Gegenteil: hemdsärmelig, leidenschaftlich, mal laut und zornig, weil verärgert; mal zugewandt und beinahe herzlich, weil ihm ein Gedanke, ein Mensch, ein Land besonders wichtig waren. Und er war nie demonstrativ neutral. Kinkel hatte immer ein Gefühl und meistens eine Meinung; Neutralität war ihm fremd, weil zu kalt, zu abgebrüht, zu nüchtern. Das brachte ihm als Außenminister viel Ärger ein, weil er oft so gar nicht diplomatisch auftrat.

Und obwohl er als FDP-Chef, der er nie werden wollte, nicht sonderlich erfolgreich war, um es vorsichtig auszudrücken, brannte seine Leidenschaft für die Partei immer und bis zuletzt. Was auch der aktuelle Parteichef Christian Lindner bei der Neuaufstellung der Liberalen zu spüren bekam. Im Guten wie im Schwierigen. Kinkel litt mit; Kinkel hielt den Draht zu Hans-Dietrich Genscher, solange der noch lebte. Und Kinkel mühte sich selbst dann, wenn ihm die neue Glattheit von Lindner missfiel, das nicht öffentlich zu kritisieren, sondern hinter den Kulissen an Lindner heranzutragen.

Überhaupt war er in den letzten Jahren, in denen er formal längst kein Amt mehr hatte, doch einer, der unendlich mitlitt und mitfeierte, als die FDP erst abstürzte und dann wieder aufstieg. Dabei mühte er sich mehr als andere, die Entwicklungen in der Gesellschaft aufzusaugen; für ihn war die Neugier zum Beispiel auf die digitale Welt oder die sozialen Schieflagen im Land keine Pflicht, sondern immer dem Interesse geschuldet, es gut zu machen und die politische Verantwortung ernst zu nehmen.

Dass die Rhetorik der FDP sich nach dem Absturz veränderte, dass die Partei und Lindner sich Mühe gaben, nicht mehr so kalt und abgehoben aufzutreten wie in den Jahren davor, lag auch am ständigen Werben des Schwaben - hinter den Kulissen.

Reaktionen auf Kinkels Tod: "Er bleibt unvergessen"

FDP-Chef Christian Lindner kondolierte auf seinem Twitter-Account: "Der Tod von Klaus Kinkel geht mir nahe. Er war ein aufrechter und bescheidener Mann mit Charakter, dessen freundschaftlichen Rat ich sehr geschätzt habe." Er habe Kinkel viel zu verdanken. Die FDP-Bundestagsfraktion kondolierte ebenfalls und schrieb auf Twitter: "Er bleibt unvergessen."

Kinkels derzeitiger Nachfolger als Außenminister, Heiko Maas, würdigte den Verstorbenen: "Unser Land verliert einen großen Liberalen und Kämpfer für Rechtsstaat und Demokratie. Er trug viel dazu bei, dass das wiedervereinigte Deutschland seinen Platz in der Welt fand und in Frieden und Respekt mit seinen Nachbarn lebt."

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer nannte Kinkel einen "großen Liberalen. und leidenschaftlichen Demokrat". Sie schrieb bei Twitter, dass "sein Bewusstsein von der Verantwortung unseres Landes in einer unruhigen Welt" bleibe.

Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die von Kinkel 1992 das Justizministerium übernommen hatte, würdigte ihn als "tollen Menschen" und empathischen Liberalen. "Der europäischen Integration galt seine ganze Leidenschaft", schrieb sie bei Twitter. "Die deutsche Einheit trägt seine Handschrift."

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kondolierte. "Ich trauere um einen treuen Weggefährten aus der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung", ließ die Kanzlerin über die Vize-Regierungschefin Ulrike Demmer mitteilen, "Klaus Kinkel war ein großer Liberaler und ein kompromissloser Streiter für Freiheit und Demokratie."

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