Klagenfurt:Haider soll ein Museum bekommen

Zum ersten Todestag Jörg Haiders wollen seine Nachfolger ihn mit einer eigenen Ausstellung ehren - ausgerechnet in einem ehemaligen Nazi-Bunker.

Wolfgang Luef

Zumindest in einer Sache kann Entwarnung gegeben werden: Der zerstörte VW-Phaeton, mit dem Jörg Haider am 11. Oktober 2008 in den Tod raste, wird nun doch nicht in einem Bombenschutzstollen aus dem Zweiten Weltkrieg ausgestellt.

Jörg Haider (dpa)

Devotionalien im Internet und ein Museum im Bunker: Die Verehrung des früheren Kärntner Landesvaters trägt skurrile Blüten.

(Foto: Foto: dpa)

Dort gibt es zwar bald das hölzerne Schaukelpferd aus den Kindertagen des österreichischen Politikers zu sehen, ein Paar gebrauchte Turnschuhe, seinen Schreibtisch oder auch seinen Bürostuhl. Doch das Autowrack wird bei der geplanten Jörg-Haider-Ausstellung in der Landeshauptstadt Klagenfurt fehlen. Anderslautende Medienberichte seien ,,schlicht falsch'', sagt Gerhard Dörfler.

Und er muss es wissen. Dörfler ist nicht nur der Nachfolger Haiders als Landeshauptmann Kärntens, sondern auch Herr über dessen ehemaliges Dienstfahrzeug. 40000 Euro hat seine Partei, das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ), nach Haiders Unfall für das Autowrack gezahlt. Seither befindet es sich an einem geheimen Ort: ,,Nur ich und eine zweite Person wissen, wo es ist'', sagt Dörfler. Und das solle auch so bleiben.

Ein Gebetskreis möchte Haider seligsprechen lassen

Es wäre einigermaßen geschmacklos gewesen, hätte man in Kärnten das zerfetzte Auto, in dem Jörg Haider starb, gegen Eintrittsgeld besichtigen können. Doch ernstlich erstaunt darüber hätte niemand sein können. Die Verehrung des früheren Kärntner Landesvaters trägt im südlichsten Bundesland Österreichs immer noch skurrile Blüten: Haider-Devotionalien werden auf Ebay feilgeboten, ein Gebetskreis betreibt die Seligsprechung des Politikers.

Es gibt eine Jörg-Haider-Brücke und fast täglich frische Blumen an seiner Unfallstelle. Trauer und Verehrung sind dabei bisweilen staatlich verordnet: So forderte die Regierung zu Haiders Begräbnis alle Schulen des Landes schriftlich zu einer ,,Trauerstunde mit Musik und besinnlichen Texten'' auf.

Am 10. Oktober - rechtzeitig zum ersten Todestag, soll nun also auch eine huldigende Ausstellung eröffnen, auf dass die Kärntner und alle anderen ,,ihre Trauer dorthin tragen'' und sich ,,über den außergewöhnlichen Menschen Jörg Haider'' informieren können, wie Dörfler sagt. Schon jetzt wird geschäftig an den Vorbereitung gearbeitet: In der alten Stollenanlage wird ein Verbindungsgang zwischen zwei Räumen gesprengt, während man anderswo bereits Ausstellungsstücke aus Haiders Nachlass sortiert.

"Passt mir auf mein Kärnten auf"

80000 Besucher erwarten die Organisatoren allein in den ersten drei Monaten. Wird die Ausstellung ein finanzieller Erfolg, soll sie sogar dauerhaft gezeigt werden: Das alte Bergbaumuseum würde dann zum Jörg-Haider-Museum.

Das Presseecho war nach der ersten Ankündigung verheerend. Vom ,,Verehrungskult'' um einen ,,Untoten'' war die Rede, von ,,skurrilen Devotionalien'' und der ,,Haider-Verklärung im Nazistollen''. Seither schweigen die Verantwortlichen lieber: Weder der Museumsleiter noch das Klagenfurter Kulturreferat, das die Ausstellung zur Gänze finanziert, wollen sich äußern. Das Projekt ist zur Geheimsache geworden.

"Man möchte einen Messias aus ihm machen"

Sicher ist indes: Es wird bei der emotionalen und ,,menschlichen'' Schau kein Wort geben über Haiders Lob der ,,ordentlichen Beschäftigungspolitik'' im Dritten Reich, über seine antisemitischen Sprüche, seine umstrittenen Reden vor SS-Veteranen. ,,Man möchte einen Messias aus ihm machen'', sagt Evelyn Schmid-Tarmann, Gemeinderätin der Grünen in Klagenfurt. ,,Ich fürchte, dass bald ganze Schulklassen in Bussen zu dieser Pilgerstätte gekarrt werden. Und das auch noch im Führerbunker.''

Dazu muss man wissen, dass die Räume des heutigen Bergbaumuseums im Jahr 1943 als Bombenschutzstollen errichtet wurden. Nur 400 Meter entfernt liegt eine ehemalige Hinrichtungsstätte der Wehrmacht. ,,Der Ort ist zweifelsfrei historisch von der NS-Zeit kontaminiert'', sagt der Klagenfurter Wissenschaftler Helge Stromberger, der mehrere Bücher über die NS-Zeit in seiner Heimat publiziert hat. In den letzten Kriegstagen verschanzte sich der NS-Gauleiter Friedrich Rainer in dem Stollen.

"Wie eine Privatsache"

Er soll per Radioübertragung an das Volk appelliert haben: ,,Passt mir auf mein Kärnten auf.'' Es ist ein mittlerweile bekannter Spruch: Jörg Haider hat ihn verwendet, als er 1991 wegen eines NS-Spruches vorübergehend als Landeshauptmann zurücktreten musste. 2009 zogen seine Nachfolger mit dem Slogan ,,Wir passen auf dein Kärnten auf'' in den Wahlkampf - und gewannen.

Für Gerhard Dörfler ist die Empörung darüber nichts anderes als ,,die ewig gleiche braune Suppe , die auf Kärnten ausgekippt wird''. Mehr möchte er über den Veranstaltungsort nicht sagen - die Organisation obliege schließlich der Stadt Klagenfurt. Offizielle Beschlüsse dazu gibt es in der Landeshauptstadt jedoch nicht. Die Stadträte der Sozialdemokraten und der konservativen Volkspartei beteuern, die Sache sei bisher in keinem Gremium auch nur besprochen worden.

Woher die 85000 Euro für den Stollenumbau kommen sollen, ist ebenfalls unklar. ,,Ich mache mir da keine Illusionen'', sagt die Grüne Schmid-Tarmann. Haiders Erben hielten das Land und die Hauptstadt fest in der Hand: ,,Die können so etwas wie eine Privatsache behandeln.''

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