Bei ihrem Einsatz für sauberere Luft haben Umweltschützer erneut einen Erfolg errungen. Die Bundesregierung muss ihr Luftreinhalteprogramm zumindest in Teilen nachschärfen – das hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschieden. Die bisher aufgelisteten Maßnahmen reichten nicht in allen Punkten aus, um die europäischen Ziele bei der Reduzierung des Ausstoßes von Luftschadstoffen zu erreichen, urteilen die Richter und geben damit einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) statt.
Konkret ging es in dem Verfahren um das sogenannte Nationale Luftreinhalteprogramm (NLRP), mit dem Vorgaben der EU erfüllt werden sollen. Es wurde im Jahr 2019 von der Bundesregierung beschlossen und im Mai 2024 aktualisiert und enthält zahlreiche Maßnahmen, mit denen Deutschland die europäischen Ziele bei der Reduzierung des Ausstoßes von Luftschadstoffen erreichen will. Und zwar von Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid.
Allein durch Feinstaub starben laut Europäischer Umweltagentur (EEA) 2021 in Deutschland rund 68 000 Menschen frühzeitig. Feinstaub entsteht durch Industrieprozesse, aber auch durch Diesel- und Benzin-Pkws sowie Reifenabrieb.
„Das ist ein wirklich guter Tag für die saubere Luft in Deutschland“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch nach der Urteilsbegründung. „Zum ersten Mal wurde die Bundesregierung dazu verurteilt, wirklich wirksame zusätzliche Maßnahmen für die Reduktion von fünf Luftschadstoffen zu beschließen und umzusetzen - und zwar schon für das Jahr 2025.“
Die dem Programm zugrunde liegenden Prognosen seien teilweise fehlerhaft, weil etwa nicht die aktuellsten Daten berücksichtigt worden seien, erklärte die Vorsitzende Richterin Ariane Holle.
Der 11. Senat beanstandete mehrere Fehler bei der Prognose für das Programm. So müssten etwa der Stopp der Kaufprämien für Elektroautos oder die Änderungen an der EU-Abgasrichtlinie Euro 7 berücksichtigt werden. Auch die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes vom September 2023 sei nicht berücksichtigt worden. Diese erlaube aber den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer stärkeren Luftverschmutzung mit Feinstaub führen. Außerdem sei beim Thema Kohleverstromung noch davon ausgegangen worden, dass bis Ende 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen würden.
Das am Dienstag veröffentlichte Urteil des OVG Berlin-Brandenburg ist nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließen die Richter eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht zu (Az.: OVG 11 A 16/20).
Vorsitzende Richterin: „Dem Luftreinhalteprogramm kommt eine wichtige Steuerung zu“
Weil sie – im Gegensatz zur Bundesregierung – davon ausging, dass deren Pläne nicht ausreichen, um die Reduktionsziele der EU zu schaffen, forderte die Umwelthilfe vor Gericht Nachbesserungen. Ihre Klage reichte sie zusammen mit der Organisation Client Earth im Jahr 2020 ein, also noch gegen die von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführte Bundesregierung. Der Verein hält aber auch die Aktualisierung des Luftreinhalteprogramms von 2024 für unzureichend.
Das Gericht folgte der Argumentation in vielen Punkten. So sei der Klimaschutz-Projektionsbericht 2023 vom August 2023 nicht berücksichtigt worden, kritisierte der Senat. „Dem Luftreinhalteprogramm kommt eine wichtige Steuerung zu“, betonte Richterin Holle. Die Bemühungen dürften nicht eingestellt werden.
In Sachen Umweltschutz und Luftreinhaltung klagt die Umwelthilfe seit Jahren – nicht nur gegen den Bund, sondern auch gegen Bundesländer. Ihren letzten Erfolg feierte sie im Mai: Da entschied dasselbe Gericht, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, dass die Bundesregierung ihr Klimaschutzprogramm nachschärfen muss. Die bisher aufgelisteten Maßnahmen reichten nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen, urteilten die Richter und gaben zwei Klagen der DUH statt.