Studie:Mehr als 300 000 Krippenplätze fehlen

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Es gibt zu wenige Betreuungsplätze für unter Dreijährige. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Für Kinder unter drei Jahren gibt es viel zu wenige Betreuungsplätze. Besonders in Westdeutschland ist die Lage einer neuen Studie zufolge sehr angespannt.

In Deutschland fehlen in diesem Jahr rund 306 000 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren. Damit sei der Bedarf von 13,6 Prozent der Kinder in diesem Alter nicht abgedeckt, heißt es in einer aktuellen Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Zwar ist die Lücke im Vergleich zum Vorjahr um 38 200 Plätze zurückgegangen. Insgesamt schreite der Ausbau von Betreuungsplätzen in Deutschland aber „derzeit kaum voran“, heißt es in der Studie.

Zwischen Ost- und Westdeutschland gibt es – wie schon in den Vorjahren – ein großes Gefälle: Während der Berechnung zufolge in Westdeutschland 277 900 Plätze für unter Dreijährige fehlen, sind es in Ostdeutschland lediglich 28 200. In der Berechnung wurden nach Angaben des Studienautors Wido Geis-Thöne sowohl potenzielle Krippenplätze als auch mögliche Betreuungsplätze bei Tagesmüttern oder Tagesvätern berücksichtigt.

Die errechnete Lücke von 306 100 Plätzen basiert laut der Studie auf einer repräsentativen Eltern-Befragung des Bundesfamilienministeriums. Zu ihrem Bedarf an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren wurden insgesamt 8754 Elternteile befragt. Auf das aktuelle Jahr hochgerechnet, geht das IW davon aus, dass für diese Altersgruppe insgesamt 1,154 Millionen Betreuungsplätze gebraucht werden.

Auch die Betreuungsqualität ist ein großes Problem

Die Studie geht davon aus, dass in den kommenden Jahren wegen rückläufiger Geburtenzahlen mit weniger Kindern zu rechnen sei. Im Osten sei daher „ein Rückbau der Betreuungsinfrastruktur unumgänglich“, heißt es. Die frei werdenden personellen Ressourcen sollten dabei aber in eine höhere Qualität an den Einrichtungen investiert werden.

Darauf zielt auch eine Änderung des sogenannten Kita-Qualitätsgesetzes ab, das der Bundestag in der vergangenen Woche verabschiedet hatte. Demnach soll das Geld, das der Bund den Ländern für die Kinderbetreuung zur Verfügung stellt, vor allem dazu dienen, Personal in den Einrichtungen zu gewinnen und zu halten. Insgesamt will der Bund in den kommenden zwei Jahren knapp vier Milliarden Euro investieren.

Für Westdeutschland mahnt Studienautor Geis-Thöne einen deutlich schnelleren Ausbau des Betreuungsangebots an. Dort dürfte der Bedarf „voraussichtlich auch noch weiter zunehmen“.

Doch nicht nur fehlende Betreuungsplätze sind ein Problem. Bildungsforscher, Erzieher und Eltern kritisieren seit Langem, dass beim Kita-Ausbau mehr auf Quantität als auf Qualität geachtet werde. Im Sommer warnten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief, das System der frühkindlichen Bildung stehe kurz vor dem Kollaps.

Zeitdruck und ungünstige Arbeitsbedingungen gefährdeten nicht nur die Gesundheit der Kita-Beschäftigten, sondern auch das Wohlergehen der betreuten Kinder, heißt es darin. „Die Kinder sind, unter anderem aufgrund von Personalmangel und überfüllten Gruppen, häufig gestresst und zeigen Formen von Erschöpfung und Unwohlsein. Besonders negativ wirkt sich die Stressbelastung in den ersten drei Lebensjahren aus.“

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