Verdi:Warum die Erzieher streiken

Verdi: Im Arbeitskampf bleiben viele Haken leer: eine Kita-Garderobe in Sachsen-Anhalt.

Im Arbeitskampf bleiben viele Haken leer: eine Kita-Garderobe in Sachsen-Anhalt.

(Foto: Waltraud Grubitzsch/DPA)

Viele kommunale Kitas bleiben am Dienstag geschlossen. Es ist kein Zufall, dass der Streik am Weltfrauentag stattfindet.

Von Benedikt Peters, München

An diesem Dienstag bleiben viele Kindertagesstätten und Kindergärten in Deutschland zu. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Kommunen zum Streik aufgerufen, darunter fallen etwa Sozialarbeiter, Heilerziehungspfleger und Erzieher. Kindergärten in privater und kirchlicher Trägerschaft sind nicht betroffen, ebenso wenig wie Einrichtungen von Wohlfahrtsverbänden wie etwa der AWO.

Hintergrund ist eine Tarifrunde zwischen Verdi und der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die eigentlich im Frühjahr 2020 stattfinden sollte, dann aber wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt wurde. Verdi fordert, die Arbeit von Erziehern und Sozialarbeitern aufzuwerten. Dabei geht es nicht um ein allgemeines Lohnplus wie bei den regelmäßig stattfindenden Tarifrunden für den öffentlichen Dienst. Verdi fordert stattdessen, dass die Sozialarbeiter und Erzieher in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes höher als bisher eingestuft werden. Der Effekt ist allerdings der gleiche, dadurch würden die Beschäftigten mehr verdienen.

Eine Erzieherin soll beispielsweise nach dem Willen von Verdi beim Berufseinstieg knapp 63 Euro brutto mehr bekommen. Je länger sie im Beruf ist, je größer würden die Unterschiede zu den aktuell geltenden Regelungen: Nach zehn Jahren im Beruf bekäme sie etwa 4100 Euro brutto, statt wie bisher etwa 3700. Ähnlich ist es bei den Sozialarbeitern, deren Einstiegsgehalt um 180 Euro steigen soll. Verdi begründet den Vorstoß nicht nur mit den Belastungen der Pandemie, sondern auch damit, dass andere Berufe in den Tarifverträgen des öffentlichen Diensts bessergestellt seien. Ingenieure etwa verdienen dort mehr als Sozialarbeiter, obwohl für beide Berufe ein Hochschulstudium erforderlich ist.

Die Arbeitgeber finden den Streik unpassend

Es ist kein Zufall, dass der eintägige Streik am 8. März stattfindet, dem Weltfrauentag. Damit will Verdi darauf aufmerksam machen, dass insbesondere Frauen in den oft eher schlecht bezahlten Erziehungsberufen arbeiten. Von den 1,6 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind 1,4 Millionen weiblich. Direkt von den Tarifverhandlungen betroffen sind 330 000 Erzieherinnen und Sozialarbeiter, allerdings haben sie auch Auswirkungen für viele weitere, da Träger wie etwa die Caritas die Abschlüsse oft übernehmen. "Wir gehen davon aus, dass zwei Drittel der 1,6 Millionen Beschäftigten am Ende von dem Ergebnis profitieren werden", sagt Verdi-Vorständin Christine Behle, die die Verhandlungen zusammen mit Gewerkschaftschef Frank Werneke führt.

Die Arbeitgeber zeigen sich angesichts des Streiks verärgert. Die Gespräche stünden erst am Anfang, sagte Verhandlungsführerin Karin Welge (SPD), die zugleich Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen ist. In der ersten Runde hätten beide Seiten ihre Positionen ausgetauscht, "hierauf wollen wir in der nächsten Verhandlungsrunde konstruktiv aufbauen". Die Verdi-Forderung nach mehr Geld erzeuge ein falsches Bild. Die Erzieherinnen und Erzieher seien "bereits heute die Spitzenverdiener im Vergleich zu anderen Berufsgruppen mit vergleichbarer Ausbildung im öffentlichen Dienst". Verdi hingegen begründet seine Forderung mit dem herrschenden Fachkräftemangel. Die Bertelsmann-Stiftung etwa prognostiziert 230 000 fehlende Erzieher bis 2030, andere Expertisen schätzen den Bedarf noch höher ein.

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