Halle:Rechtsextreme Erzieherin entlassen

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Bei einer Demonstration sogenannter "Querdenker" am 7. November 2020 kam es zu Ausschreitungen. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Eine Kita-Angestellte prügelte bei einer "Querdenken"-Demonstration auf einen Fotografen ein. Gegen sie laufen mehrere Verfahren - nun verliert sie ihren Job.

Von Antonie Rietzschel, Leipzig

Wenn eine Erzieherin geht, dann ist das angesichts der Personalnot in der Kinderbetreuung eigentlich eine schlechte Nachricht. Aber als einige Eltern in Halle am Donnerstagmorgen erfuhren, dass Caroline K. gekündigt wurde und sich künftig nicht mehr um ihre Kinder kümmern wird, waren sie vor allem erleichtert. "Ich kann es noch gar nicht richtig glauben", sagt eine Mutter, deren Sohn in die Kindertagesstätte Rainstraße geht. Dort hatte sich auch vor einigen Wochen der Widerstand gegen Caroline K. formiert, die als gewaltbereit und rechtsextrem gilt.

K. besuchte regelmäßig Demonstrationen, die ihr Freund, der bekannte Neonazi Sven Liebich organisierte. Als es im November 2020 nach einer in Leipzig von "Querdenken" angemeldeten Kundgebung zu Ausschreitungen kam, waren Liebich und Caroline K. mittendrin. Beide prügelten auf einen Fotografen ein. Als ein Video von der Szene viral ging, wurde Caroline K. von ihrem Arbeitgeber, einem lokalen Ableger des Sozial- und Wohlfahrtsverband Volkssolidarität beurlaubt. Spätestens Anfang 2022 arbeitete sie jedoch wieder als Erzieherin, half in der Rainstraße aus. Die Eltern schrieben dem Träger einen besorgten Brief. Doch Dirk Jürgens, der Geschäftsführer des Kreisverbands der Volkssolidarität, erklärte die politische Einstellung der Arbeitnehmerin zur Privatsache, im Umgang mit den Kindern gebe es keine Auffälligkeiten.

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Nachdem sie bei einer "Querdenken"-Demonstration auf einen Fotografen einschlug, wurde Caroline K. beurlaubt. Nun ist sie wieder im Dienst - Demonstrationen seien Privatsache, sagt der Träger.

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Doch in den vergangen Wochen hat sich der Druck auf den Träger erhöht, der in Halle 34 Kindertagesstätten betreibt. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat wegen des Vorfalls im November 2020 Anklage erhoben. Mittlerweile ermittelt auch die Staatsanwaltschaft Halle gegen Caroline K.. Sie soll bei einem Angriff auf ein Impfteam dabei gewesen sein. Der Fall K. beschäftigte das Jugendamt, das Landesverwaltungsamt, das Sozialministerium. Der Paritätische Gesamtverband äußerte Unverständnis über die fehlenden Konsequenzen und forderte Jürgens in einem Schreiben auf, die nötigen "arbeitsrechtlichen Schritte mit dem Ziel Beendigung des Arbeitsverhältnisses einzuleiten". Mehr als ein Jahr nach dem Vorfall in Leipzig, hat Jürgens genau das getan.

Für die Eltern ist die Kündigung nur ein Anfang

Von der Kündigung haben die Eltern in der Rainstraße auf Twitter erfahren. Die Linken-Abgeordnete Henriette Quade hatte dort die Antwort des Sozialministeriums auf eine Dringliche Anfrage öffentlich gemacht. "Ich habe das Gefühl, dass wir gehört wurden", sagt eine Mutter, gleichzeitig sei der Weggang von Caroline K. nur ein Anfang.

In den Kindertagesstätten der Volkssolidarität werden auch Kinder betreut, die einen Migrationshintergrund haben oder jüdischen Glaubens sind. Die Elternvertretung hat Jürgens einen Forderungskatalog zukommen lassen. Sie wünschen, dass man gemeinsam ein demokratisches Leitbild erarbeitet, Projektwochen für ein gemeinsames Miteinander organisiert. Einer von Jürgens' Lieblingssätzen lautet: "Im Kindergarten geht es um Kinder, da hat Politik nichts zu suchen." Dennoch will er über den Forderungskatalog reden. Für kommenden Dienstag hat er die Eltern aus der Rainstraße zum Gespräch eingeladen, um mit ihnen die 15 Punkte durchzugehen. Er hat eine Stunde Zeit für sie.

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