Kirchentag:Für Herz und Seele

In Dortmund kam das Ringen um Wahrheiten und Wege zu kurz.

Von Matthias Drobinski

Gut gelaunt war er, trotz überfüllter Bahnen, der Evangelische Kirchentag in Dortmund, war fromm mit dröhnenden Posaunen und sendete wichtige politische Signale ins Land: für die Rettung der Flüchtlinge in Seenot und die des Klimas, für die Demokratisierung der Digitalisierung, für weltweite Gerechtigkeit, gegen alle Formen der Menschenfeindschaft.

Vor allem aber war dieser Kirchentag ein wärmendes Treffen des liberal-konservativen bis links-grünen Protestantismus. Die Christen, die sonst erleben, dass ihre Maximen nicht mehr selbstredend akzeptiert werden, tankten bei Prominenten aus Politik und Gesellschaft auf, die ihnen aus dem Herzen sprachen. Der Kirchentag als Ort der Stärkung ist ein Erfolg: Die Kirche schrumpft Jahr um Jahr, das Treffen zieht nach wie vor mehr als 100 000 Menschen an. Der Streit um der Sache willen aber, die produktive Auseinandersetzung mit dem anderen, leidet, wenn der Kirchentag auch im Politischen ein Bekenntnistreffen wird. In Dortmund kam vor lauter Harmonie das Ringen um Wahrheiten und Wege öfters zu kurz. Der Kirchentag wird dieses Ringen stärken müssen. Nicht um der inszenierten Auseinandersetzung willen, sondern weil die bloße Affirmation den Christen der Reformation nicht reichen darf.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: