Kirchenasyl:Erstickt vom Staat

Ulrich Gampert, evangelischer Pfarrer, steht vor seiner Kirche. Seit Sommer 2018 genießt ein afghanischer Flüchtling bei ihm im Oberallgäu Kirchenasyl.

Ulrich Gampert, evangelischer Pfarrer, steht vor seiner Kirche. Seit Sommer 2018 genießt ein afghanischer Flüchtling bei ihm im Oberallgäu Kirchenasyl.

(Foto: dpa)

Dass Pfarrer Ulrich Gampert zum Fall für die Justiz wurde, ist ein trauriger Beleg für den Kleinkrieg, den der Staat gegen das Kirchenasyl führt.

Kommentar von Matthias Drobinski

Ulrich Gampert ist kein Rebell und schon gar nicht kriminell; sein Amt als evangelischer Pfarrer und sein christliches Gewissen brachten ihn vor Gericht. Er hat einem Afghanen Kirchenasyl gewährt, der abgeschoben werden sollte. Inzwischen ist klar: Der Mann darf vorerst bleiben. Dass der Pfarrer trotzdem zum Fall für die Justiz wurde, ist ein trauriger Beleg für den Kleinkrieg, den der Staat gegen das Kirchenasyl führt - auch, wenn das Verfahren nun eingestellt wurde.

Ja, es gibt Pfarrer, die das Kirchenasyl nicht als letztes Mittel sehen, um dem Recht zum Durchbruch zu verhelfen, sondern als Kampfinstrument gegen ein insgesamt als Unrecht empfundenes Asylsystem. Die größere Schuld aber liegt bei den Innenministerien und Behörden, dass das spannungsreiche, insgesamt aber funktionierende Miteinander in Gefahr ist. Sie versuchen, das Kirchenasyl in einem Dickicht von Vorschriften, Fristen und Kriminalisierungen zu ersticken. Dass praktisch keine Härtefälle mehr anerkannt werden, liegt nicht daran, dass die Kirchengemeinden auf einmal schlampen und die Asylbehörden auf einmal perfekt arbeiten. Es liegt am politischen Willen.

Seit 30 Jahren gibt es nun das Kirchenasyl. Der Staat ist dadurch nicht untergegangen, im Gegenteil: Er ist besser geworden. Zerstört er das Kirchenasyl, macht er sich arm.

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