Kirche:Vatikan: Pädophilie hat mit Homosexualität zu tun

Steile These vom Außenminister des Papstes: Der Missbrauchsskandal in der Kirche hat laut Kardinal Bertone nichts mit dem Zölibat zu tun - sondern mit gleichgeschlechtlichem Sex.

Tarcisio Bertone ist in der katholischen Kirche ein mächtiger Mann. Der Kurienkardinal gilt als Vertrauter von Benedikt XVI., er bekleidet das Amt des Kardinalstaatssekretärs und vertritt den Heiligen Stuhl nach Außen: Bertone ist die Nummer zwei im Vatikan, gleich nach dem Papst.

Für Schlagzeilen sorgt der italienische Kleriker nun allerdings fernab des Kirchenstaats während eines Besuchs in Chile. Angesichts des Missbrauchsskandals in kirchlichen Einrichtungen stellte der Kirchenmann eine Verbindung zwischen Pädophilie und Homosexualität her. Das Zölibat, die Ehelosigkeit katholischer Priester, habe dagegen nichts damit zu tun, erklärte Bertone vor Journalisten.

Der Außenminister der Kirche berief sich auf die Wissenschaft, um seine Behauptung zu unterfüttern: "Viele Psychologen und Psychiater haben bewiesen, dass es keine Beziehung zwischen Zölibat und Pädophilie gibt", sagte Bertone.

Andere hätten wiederum gezeigt, dass es "eine Beziehung zwischen Homosexualität und Pädophilie gibt", verkündete der Chefdiplomat des Pontifex. "Das ist das Problem." Die Kirche habe niemals Ermittlungen gegen pädophile Priester behindert, beteuerte der Kardinal.

Bereits vor einigen Tagen hatte sich Bertone zu der Missbrauchs-Causa geäußert: Der Kardinal sprach über Benedikts Seelenheil. Der Heilige Vater empfindet nach den Worten seines wichtigsten Mitarbeiters "großen Schmerz" angesichts der bekannt gewordenen Missbrauchsfälle in der Kirche. Der Heilige Vater habe "sehr gelitten" wegen "dieser Priester, die ihrer eigenen Berufung und Mission untreu geworden sind", so Bertone.

Lehmann nimmt Papst in Schutz

Immer wieder wird die Rolle des Vatikans und der Papst selbst im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen kritisiert. Der Skandal um sexuelle Übergriffe und prügelnde Kirchenleute überschattet seit Monaten das Pontifikat Benedikts, der vor bald fünf Jahren angetreten war, um der katholischen Kirche zu Stabilität und klarem Profil zu verhelfen.

Immerhin bekam der als Joseph Ratzinger geborene Kirchenführer inzwischen vehement formulierten Zuspruch aus seiner Heimat. Der als progressiv geltende Mainzer Kardinal Karl Lehmann hält es für "hysterisch", immer wieder ein Wort des Papstes zu den deutschen Missbrauchsfällen zu fordern.

Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur, Benedikt habe sich in der Vergangenheit "x-mal zum Missbrauch geäußert und ihn verurteilt".

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