Kindergeld:Fachleute rügen Pläne von Union und FDP

Ministeriumsberater halten eine Erhöhung des Kindergeldes für untauglich und teuer. Aus Geldmangel rückt Schwarz-Gelb nun davon ab.

F. Berth

Die Berater des Familienministeriums warnen vor einer Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags. "Das ist eine kostspielige und nicht besonders intelligente Form von Familienpolitik", sagte Hans Bertram, der wichtigste Berater von Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) der Süddeutschen Zeitung.

Auch die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD, kritisiert die Pläne von Union und FDP am Wochenende scharf. "Wenn Deutschland mehr Geld für Familien ausgeben will, sollte es die Mittel in gute Kinderbetreuung investieren", forderte Willem Adema, OECD-Experte für Sozialpolitik.

Doch nicht aus inhaltlichen Einwänden, vielmehr aus finanziellen Gründen scheint die von Schwarz-Gelb angekündigte Entlastung nun doch zu platzen. Wegen der schlechten Haushaltslage rückten die Spitzen von Union und FDP am Wochenende von ihrem Ziel ab. Geplant hatten beide Parteien ursprünglich, das Kindergeld von monatlich 164 Euro auf 200 Euro zu erhöhen. Auch der Kinderfreibetrag soll nach den Wünschen von FDP und Union von derzeit 6024 Euro auf 8000 Euro jährlich steigen.

Bertram, der an der Humboldt-Universität Berlin lehrt und das "Kompetenzzentrum" des Bundesfamilienministeriums leitet, sieht darin eine Bevorzugung der Besserverdienenden: "Die FDP will mit den erhöhten Freibeträgen ihre Klientel bedienen", sagte Bertram. "Dabei werden die vergessen, die man immer vergisst, zum Beispiel die Alleinerziehenden." Zwar sei es begrüßenswert, wenn die Politik höhere Ausgaben für Familien beschließe; doch seien die Pläne von Union und FDP "äußerst kostspielig".

Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft, ebenfalls Mitglied im sechsköpfigen Kompetenzzentrum des Familienministeriums, hält die Erhöhungen für "sachlich und fachlich nicht begründet". Was die Parteien planen, sei "reine Verteilungspolitik, die nur im Schlaraffenland wirklich wünschenswert ist", sagte Hüther. Die notwendigen zusätzlichen Ausgaben von etwa zehn Milliarden Euro jährlich zeugten von einer "Großzügigkeit, die hier fehl am Platz ist". Würde das Kindergeld so stark erhöht, fehle das Geld für andere Entlastungen, die mehr Wirtschaftswachstum brächten.

Die OECD, die schon die jüngste deutsche Kindergeld-Erhöhung vom Januar 2009 kritisiert hatte, sieht die Bundesrepublik weiter auf einem falschen Weg. "Direkte Transfers haben schon heute einen so großen Anteil an den kinderbezogenen Leistungen wie in fast keinem anderen OECD-Land", sagte OECD-Expertin Adema.

Wie die OECD fordern auch die Berater des Familienministeriums höhere Investitionen in die Betreuung. "In Deutschland muss der Ausbau von hochwertigen, überzeugenden Bildungsangeboten Priorität haben", sagte Uta Meier, Professorin in Gießen. Nur Regierungsberater Reinhold Schnabel hält die Erhöhung von Kindergeld und Freibeträgen "im Prinzip für sinnvoll". Doch auch er verlangt, "im Gegenzug die Vielzahl der familienpolitischen Leistungen zu reduzieren". Sonst würden die Erhöhungen "zu einer enormen Belastung des Budgets".

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