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Vertragsverletzungsverfahren:EU-Kommission geht gegen Kindergeld-Regeln in Österreich vor

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Die EU-Kommission schaltet sich in die Debatte um die neuen österreichischen Kindergeld-Regeln für EU-Bürger ein. Das Land hatte Kindergeldzahlungen an die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzstaat des Kindes angepasst und verstößt damit nach Auffassung der Brüsseler Behörde gegen europäisches Recht. Am Donnerstag hat die Kommission deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet.

Im vergangenen Oktober hatte das österreichische Parlament die sogenannte Indexierung der Familienbeihilfe beschlossen. Ausländische Familien, deren Kinder in der Heimat leben, bekommen damit nur noch Kindergeld angepasst an die dort üblichen Lebenshaltungskosten. Dies hat deutliche Kürzungen zum Beispiel für Ungarn, Polen, Slowaken und Rumänen zur Folge. 125 000 Kinder bekommen weniger Geld als zuvor. Die Alpenrepublik rechnet mit Einsparungen von rund 100 Millionen Euro.

Österreichs Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hat die Einleitung des EU-Vertragsverletzungsverfahrens wegen der neuen Kindergeld-Regeln für EU-Bürger gelassen aufgenommen. "Wir gehen weiterhin davon aus, dass die von uns gewählte Lösung mit europäischem Recht vereinbar ist", teilte Bogner-Strauß der österreichischen Nachrichtenagentur APA mit. Sofern die Kommission sich nicht von den österreichischen Argumenten überzeugen lasse, sei letztlich der Europäische Gerichtshof am Zug.

Überweisungen ins Ausland in Deutschland stark gestiegen

Auch in Deutschland wird ein solches Vorgehen immer wieder diskutiert. Die deutschen Behörden zahlten im vergangenen Jahr Kindergeld in Höhe von rund 402 Millionen Euro ins Ausland. Unter den knapp 252 000 Kindern, für die Kindergeld in europäische Staaten oder die Türkei überwiesen wurde, bildeten die polnischen Kinder (123 855) die größte Gruppe.

In den vergangenen fünf Jahren sind die Überweisungen stark gestiegen. 2012 war nach Angaben der Bundesregierung Kindergeld in Höhe von rund 75 Millionen Euro ins Ausland gegangen. Die CSU hatte im Juni im Bundesrat einen Antrag zur Anpassung der Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten in dem Land, in dem das Kind lebt, vorgestellt. Der Finanzausschuss entschied jedoch, seine Beratungen zu der Initiative auf unbestimmte Zeit zu vertagen. Als ein Grund galten die Bedenken der EU-Kommission.

Sie argumentiert mit der Logik, das gleiche Beiträge auch zu den gleichen Vorteilen führen sollten. Kindergeld und andere Familienleistungen in Ländern wie Österreich und Deutschland werden nur an diejenigen EU-Ausländer gezahlt, die auch in das jeweilige Sozialversicherungssystem einzahlen.

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