Kinderbetreuung:Auch in Wohngebieten sollen neue Kitas entstehen

In stillen Wohngegenden dürfen Kindergärten bislang nur mit Ausnahmegenehmigungen gebaut werden, wegen der Lautstärke spielender Kinder. Bauminister Ramsauer will das nun ändern - und Anwohnerklagen mit einer gesetzlichen Neuregelung den Boden entziehen. Die hatten in jüngster Zeit vor allem in teuren Großstadtbezirken für Unruhe gesorgt.

Jan Bielicki

Auch in stillen Wohnstraßen sollen künftig problemlos Kindergärten eröffnen können. Ein Gesetzentwurf des Bundesbauministeriums will den Bau von Kindertagesstätten in reinen Wohngebieten erlauben. Dort durften Kitas bisher nur mit einer Ausnahmegenehmigung gebaut werden - und Nachbarn beriefen sich oft auf das Baurecht, wenn sie sich von der Lautstärke spielender Kinder gestört fühlten und gegen eine Betreuungsstätte klagten.

Kita-Verhandlungen ziehen sich hin

Kinderlärm? Kein Problem. Auch in reinen Wohngebieten sollen künftig Kitas ihre Pforten öffnen - auch ohne Ausnahmegenehmigung.

(Foto: dpa)

Künftig jedoch sollen in ausgewiesenen Wohngegenden "Anlagen zur Kinderbetreuung" ausdrücklich zulässig sein - allerdings nur, wenn "deren Anzahl an Betreuungsplätzen nicht wesentlich über den typischerweise zu erwartenden Bedarf dieses reinen Wohngebiets hinausgeht", wie es in der Baunutzungsverordnung nun heißen soll.

Die Neuregelung ist Teil einer Novelle zur Änderung des Baurechts, deren Entwurf Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) in dieser Woche an Länder und Verbände schicken ließ. Sie soll es Nachbarn weiter erschweren, gegen die Einrichtung von Kindertagesstätten vor Gericht zu ziehen. Bereits im vergangenen Sommer hatten Bundestag und Bundesrat das Bundesimmissionsschutzgesetz geändert.

Seitdem gelten "Geräuscheinwirkungen durch Kinder", wenn sie von Kindertagesstätten, Spielplätzen und "ähnlichen Einrichtungen" ausgehen, nicht mehr als "schädlicher Umwelteinfluss" - und können daher, anders als Verkehrs- oder Fabriklärm, kein berechtigter Klagegrund mehr sein.

Mit den Gesetzesänderungen reagiert die Politik auf einen in den Rathäusern registrierten Trend, gegen Kindertagesstätten in der Nachbarschaft rechtlich vorzugehen. Aufsehen erregten solche Klagen von Nachbarn neuer Kindergärten vor allem in teureren Wohnlagen wie Berlin-Friedenau, Hamburg-Groß Flottbek oder München-Bogenhausen - vor Gericht hatten jedoch schon bisher nur die wenigsten Erfolg.

Stärkung im Kampf gegen Spielhallen

Allerdings behinderten oft langwierige Verfahren und teure Lärmschutz-Auflagen die Gründung neuer Kindergärten. Schon darum seien die Neuregelungen "längst überfällig", sagt Norbert Portz, Beigeordneter für Baurecht beim Deutschen Städte- und Gemeindebund. Sie beseitigten ein Hindernis für den Bau jener Kinderkrippen, die noch entstehen müssen, um den von August 2013 an geltenden Rechtsanspruch von Kindern unter drei Jahren auf einen Betreuungsplatz zu erfüllen.

Auch im Kampf gegen Spielhallen, die sich nach Beobachtungen aus den Rathäusern nicht nur in Innenstädten, sondern zunehmend auch entlang von Ausfallstraßen ausbreiten, will Ramsauers Gesetzentwurf die Kommunen stärken.

Künftig sollen Gemeinderäte in Bebauungsplänen festsetzen dürfen, "dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind", um so "eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten" oder "eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten" zu verhindern.

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