Kim Jong Il in China:Geheimniskrämerei und verschwommene Fotos

Sein Volk ist bettelarm, doch Nordkoreas Diktator Kim Jong Il reist mit allen Extras nach China. Das geheime Treffen verärgert den Nachbarn Südkorea.

Henrik Bork

Sein Volk mag bettelarm sein, doch Nordkoreas Diktator reist auf großem Fuße. Mit einem Sonderzug aus siebzehn Waggons, gefolgt von Reisebussen voller Diplomaten und Leibwächter, soll Kim Jong Il am Montag über die Grenze nach China gerollt sein. Die erste Nacht verbrachte er offenbar im Luxushotel Furama in der chinesischen Hafenstadt Dalian, das eigens für ihn von der Polizei umstellt wurde.

Kim Jong Il in Peking, Reuters

Nordkoreas Diktator Kim Jong Il wurde in Peking gesehen. Offiziell bestätigt wurde seine Chinareise nicht.

(Foto: Foto: Reuters)

So jedenfalls kolportierten es südkoreanische und chinesische Medien am Dienstag, die sich jeweils auf nicht genannte Quellen berufen, die wohl im Dunstkreis des südkoreanischen Geheimdienstes zu suchen waren. Weder Nordkorea noch das Gastland China haben die Reise bislang offiziell bestätigt.

Einzigartige Geheimniskrämerei

Sei es aus Angst vor Attentaten oder aus Wichtigtuerei, das Ausmaß der Geheimniskrämerei bei Kims Auslandsreisen dürfte im Zeitalter des Internets jedenfalls weltweit einzigartig sein. Auch im Jahr 2006 hatte es schon einmal Meldungen gegeben, wonach Kim mit seinem "gepanzerten Sonderzug" in China unterwegs sei.

Er trinke unterwegs Bordeaux-Wein und speise Hummer, hatten Agenturen berichtet. Später hatte sich dann herausgestellt, dass Kim zum besagten Zeitpunkt überhaupt noch nicht in China war. Er tauchte erst eine Woche nach diesen Pressemeldungen in Guangzhou in Südchina auf.

Diesmal aber zirkulieren einige verschwommene Fotos, die den Diktator beim Besteigen einer schwarzen Limousine zeigen. Also wird es diesmal wohl stimmen. Hinter Kim ist jedenfalls ein salutierender chinesischer Soldat zu sehen. Und der südkoreanische Fernsehsender KBS hat ein Video ausgestrahlt, auf dem Kim angeblich durch die Lobby des besagten Furama-Hotels hinkt.

Jawohl, er hinkt, und zwar zieht er den linken Fuß nach, was wiederum eine Reihe von Spekulationen über seinen angeschlagenen Gesundheitszustand ausgelöst hat. Ansonsten aber hat sich Kim äußerlich kaum verändert: Er trägt den gleichen alten Khaki-Anzug und die gleiche große Sonnenbrille - wie immer.

In Dalian soll Kim eine Autofabrik, einen Hafen und eine Industriezone besucht haben, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. So viel scheint gerade noch sicher zu sein.

Der Rest ist vorerst Spekulation. Reist Kim am heutigen Dienstag nach Jinzhou, wo er erneut einen Zug nach Peking besteigen wird? Wird er dort Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao treffen? Oder nur eine Aufführung der nordkoreanischen Operntruppe "Ein Meer aus Blut" besuchen, die in der chinesischen Hauptstadt weilt?

Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums wollte auf Nachfrage den Kim-Besuch weder bestätigen noch dementieren. "China und Nordkorea haben eine Tradition gegenseitiger, hochrangiger Besuche", hieß es am Dienstag lediglich.

Sicher ist auch, dass die Regierung Südkoreas alles andere als glücklich darüber ist, dass die Chinesen dem Diktator aus Nordkorea gerade zum jetzigen Zeitpunkt einen dermaßen großen Bahnhof bereiten. China solle in Sachen Nordkorea eine "verantwortungsvolle Rolle" spielen, sagte Südkoreas Verteidigungsminister am Dienstag dem chinesischen Botschafter in Seoul, Zhang Xinsen, den er eigens dafür einbestellte.

Der Minister sprach von gefährlichen und "dynamischen" Entwicklungen auf der koreanischen Halbinsel. Am 26. März war ein südkoreanisches Marineschiff nach einer Explosion gesunken, von der allgemein angenommen wird, dass sie von einem nordkoreanischen Torpedo ausgelöst wurde. 46 Matrosen starben.

Südkoreas Präsident Lee Myung-bak wollte am Dienstag Nordkorea noch immer nicht direkt beschuldigen, sagte aber, das Sinken der 1200 Tonnen schweren Cheonan sei "kein Unfall" gewesen.

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