Regierungsbildung in Schleswig-Holstein:Muss es wirklich wieder Jamaika sein?

Regierungsbildung in Schleswig-Holstein: Qual nach der Wahl: Ministerpräsident Günther muss entscheiden, ob er lieber mit der FDP oder den Grünen koalieren will.

Qual nach der Wahl: Ministerpräsident Günther muss entscheiden, ob er lieber mit der FDP oder den Grünen koalieren will.

(Foto: Marcus Brandt/dpa)

Ministerpräsident Günther würde gern die schwarz-grün-gelbe Koalition fortsetzen. Die FDP zeigt sich offen, die Grünen verweisen auf ihr klar besseres Wahlergebnis. Und nennen weitere Gründe, die für ein Zweierbündnis mit der CDU sprechen.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Im Hintergrund zwitschern die Vögel, Frühling im Norden. Etwas windig vielleicht. Aminata Touré klingt am Telefon gut gelaunt und leicht gestresst, der für sie erfreuliche Wahlsonntag in Schleswig-Holstein hat ihre Grünen in eine skurrile Situation geführt. Die Fragen, die auch überregional für Interesse sorgen, sind diese: Kann es da oben wirklich mit Jamaika weitergehen? Oder wird es stattdessen Schwarz-Grün, also ohne FDP, oder Schwarz-Gelb, ohne die Grünen?

Aminata Touré, Landtagsvizepräsidentin und eine der beiden Spitzenfrauen der Grünen, antwortet dies: "Wir sind absolut dafür, Gespräche zu führen", sagt sie. Aber ihre Partei ziehe Schwarz-Grün vor, "weil es zwei ganz klare Wahlsieger gibt, CDU und Grüne."

Tatsächlich gewann vor allem die Union von Ministerpräsident Daniel Günther und legte um mehr als 11 Prozentpunkte auf 43,4 Prozent zu. Beinahe hätte es zur absoluten Mehrheit gereicht. Zweiter wurden mit 18,3 Prozent die Grünen, plus 5,4 Prozentpunkte, vor der SPD (16 Prozent) und sehr klar vor der FDP (6,4 Prozent, minus 5,1 Prozentpunkte). Rechnerisch könnte Günthers CDU fortan mit den Grünen oder der FDP alleine regieren. Trotzdem würde er offenbar gerne mit Jamaika weitermachen.

"Wunsch-Koalition der Bevölkerung"

Schon im Wahlkampf hatte der Regierungschef mit der Fortsetzung des schwarz-grün-gelben Trios geworben, obwohl sich abzeichnete, dass ein Partner überflüssig werden dürfte. Günther, Wirtschaftsminister Bernd Buchholz von der FDP und Finanzministerin Monika Heinold von den Grünen tanzten gemeinsam bei der CDU-Wahlparty. Günther wiederholte seinen Wunsch auch beim kleinen Parteitag am Mittwoch in einer Kieler Brauerei.

Er nannte Jamaika "Wunsch-Koalition der Bevölkerung". Wenn es möglich sei, die Ziele auch in den kommenden Jahren in diesem Bündnis umzusetzen, dann möge man sich nicht davon leiten lassen, wer wie viele Posten bekomme und wer gebraucht werde und wer nicht. Man habe gezeigt, "dass wir auf Augenhöhe zusammenarbeiten können".

Es gab Applaus. CDU-Fraktionschef Tobias Koch bot sogar an, dass für die Dreisamkeit auf einen Ministerposten verzichtet werden könnte, wobei nicht klar war, wen der Verzicht betrifft. Er hoffe auf Offenheit bei Grünen und FDP für Jamaika. Für kommenden Dienstag hat Daniel Günther zu Sondierungen geladen, erst die Grünen, danach die FDP.

Die FDP will eine Beteiligung auf Augenhöhe

"Das Angebot ist natürlich ungewöhnlich", sagt Christopher Vogt, der FDP-Fraktionsvorsitzende. Günther wisse, dass er auch deshalb gewählt worden sei, "weil Jamaika so populär ist und er das gut gemanagt hat". Die Situation sei nur eine andere als bei der letzten Wahl. Damals mussten es drei Parteien sein, ab sofort genügen zwei. Vogts Vorgänger Wolfgang Kubicki bezeichnet die Idee mit Jamaika II im Spiegel als "charmant". Vogt sagt, man werde sich das anhören. "Wir sind gespannt, welche Vorschläge es da gibt." Er wünscht Fortschritte bei Planung, Digitalisierung, Bildung; bei innerer Sicherheit geht die CDU ihm zu weit. Von "Augenhöhe" spricht auch er. "Wenn das möglich ist, dann beteiligen wir uns gern." Sonst mache das wenig Sinn. Vogt kann sich auch gut Schwarz-Gelb vorstellen.

Die Grünen sind ebenfalls gespannt und verweisen darauf, dass sie mit der CDU besser zurecht gekommen sind als mit der FDP und jetzt dreimal so viele Stimmen bekommen haben wie die Liberalen. Die Grünen wollen eher Verkehrswende und Klimaschutz vorantreiben als den Straßenbau. Sie haben auch das Gefühl, dass der Ministerpräsident die Entscheidung für einen neuen Pakt gerade abschiebt. Und Aminata Touré, 29, gibt außerdem dies zu bedenken: Man müsse bei all den Jamaika-Überlegungen auch berücksichtigen, "dass eine überbordende Regierungsmehrheit gegen eine kleinere Opposition demokratietheoretisch schwierig wäre".

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