Kernkraftwerk Brunsbüttel:Mängel für alle

Die bislang geheim gehaltene Mängelliste des AKW Brunsbüttel ist nun öffentlich einsehbar - nach einem Jahr Gegenwehr durch Vattenfall. Die Kanzlerin kritisierte das Unternehmen öffentlich.

Die Atomaufsicht Schleswig-Holstein hat die bislang geheim gehaltenen Mängelliste des Energieversorgers Vattenfall zum Atomkraftwerk Brunsbüttel veröffentlicht. Die Liste sei im Internet einsehbar. "Ich habe erreicht, dass diese Liste nun veröffentlicht werden kann", erklärte die zuständige Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD) in Kiel.

Brunsbüttel

Atomkraftgegner vor dem Kernkraftwerk Brunsbüttel.

(Foto: Foto: dpa)

Sicherheitsnachweise inzwischen teilweise geliefert

Nach ihren Angaben hat der Betreiber Sicherheitsnachweise inzwischen geliefert, deren Fehlen Umweltschützer als riskant kritisiert hatten. Es gehe um Nachweisdefizite zu 185 Punkten. "Für über 100 dieser Punkte liegen abgeschlossene, positive Prüfergebnisse der Gutachter vor", betonte Trauernicht. "Die übrigen Punkte befinden sich im laufenden Begutachtungsverfahren."

Die Gutachten sollten bis Ende September abgeschlossen sein. Damit werde das gesamte Verfahren bis Ende des Jahres beendet sein. Die periodische Sicherheitsüberprüfung, um deren Ergebnisse es geht, war 2001 vorgenommen worden. Eigentlich hätte sie bereits 2003 abgeschlossen sein sollen. Noch im Juni 2006 fehlten jedoch nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe 165 Nachweise.

Vattenfall hatte sich rund ein Jahr gegen die Veröffentlichung der Mängelliste juristisch gewehrt. Die Umwelthilfe hatte kritisiert, dass Trauernicht so lange "still gehalten" habe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Informationspolitik des Kernkraftbetreibers Vattenfall nach den Pannen in den Atommeilern Krümmel und Brunsbüttel als "nicht akzeptabel" kritisiert. "Deswegen hält sich mein Mitleid in Grenzen, wenn die Wirtschaft kritisiert wird", sagte die Kanzlerin.

Friedliche Nutzung der Kernenergie sei verantwortbar

Unbeschadet der Vorfälle glaube sie, dass die friedliche Nutzung der Kernenergie verantwortbar sei, erklärte Merkel. Sie spreche dabei als CDU-Vorsitzende. "Ich habe nicht gesagt, das sei die sicherste Form der Energieversorgung. Ich habe gesagt: Deutschland hat im Vergleich zu anderen internationalen Kernkraftwerks-Betreibern hohe Standards und Anforderungen. Die machen aber nur Sinn, wenn das, was an Kontrollen und Sicherheitsvarianten eingeführt ist, auch funktioniert."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält ein früheres Abschalten älterer Atomkraftwerke nach dem Gesetz grundsätzlich für möglich. Dieser Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) sei im Atomgesetz in der Möglichkeit angelegt, Strommengen von älteren auf neuere Kraftwerke zu übertragen, sagte die Kanzlerin am Mittwoch bei ihrer Sommerpressekonferenz in Berlin.

Reaktion auf Vorschlag des Umweltministers

Dies sei einfacher als der umgekehrte Weg. Diesen hatten dagegen die Betreiber Vattenfall für den Meiler Brunsbüttel, EnBW für Neckarwestheim I und RWE für Biblis A beantragt, waren damit bisher aber auf die - noch nicht endgültige - Ablehnung bei Gabriel gestoßen.

"Insofern haben mich die Äußerungen von Herrn Gabriel nicht verwundert", sagte die Bundeskanzlerin. Er werde zunächst mit den Kraftwerksbetreibern Ende des Sommers sprechen. "Und dann werden wir uns unterhalten, was dabei rausgekommen ist." Sie fügte lächelnd hinzu: "Herr Gabriel darf wie jeder Minister mal einen Vorschlag machen, über den er mit mir vorher nicht gesprochen hat. Und insofern habe ich ihn vernommen."

Der Vorschlag des Ministers, zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit ältere Anlagen vorzeitig vom Netz zu nehmen, war bei den Betreibern unmittelbar auf Ablehnung gestoßen. Ob es daher im September zu Gesprächen kommt, blieb offen.

(AP/dpa)

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