Kenia:Ikone mit autoritären Zügen

Kenia-Reise des deutschen Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit: Präsident Daniel Arap Moi während einer P

Erst auf Druck der Geberländer hob er das Einparteiengesetz auf: Daniel arap Moi während einer Parade.

(Foto: imago)

Präsident Uhuru Kenyatta nannte ihn eine "afrikanische Ikone", doch für viele Afrikaner war er auch ein Autokrat und Populist. Nun ist Kenias Ex-Präsident Daniel arap Moi gestorben.

Von Anna Reuß

Kenias Präsident Uhuru Kenyatta nannte ihn eine "afrikanische Ikone", doch für viele Afrikaner war er auch ein Autokrat und Populist. Der zweite Präsident in der Geschichte Kenias, Daniel arap Moi, ist am Dienstagmorgen in einem Krankenhaus in Nairobi gestorben. Die Todesursache haben die Behörden zunächst nicht bekannt gegeben. Moi wurde 95 Jahre alt.

Der Sohn aus einer Kleinbauernfamilie wurde am 2. September 1924 als Torotich arap Moi geboren und gehörte zur drittgrößten Volksgruppe in Kenia, den Kalendschin. Den Namen Daniel übernahm er erst Jahre später, als er als Schulkind christlich getauft wurde. Später arbeitete er als Lehrer, mit 30 wurde er Schuldirektor. In den 1950er-Jahren wandte er sich der Mau-Mau-Bewegung zu, die sich für die Unabhängigkeit Kenias und die Entkolonialisierung des Kontinents einsetzte.

Der Übergang in die politische Karriere war fließend: Moi war 1955 einer der ersten sechs Afrikaner im Gesetzgebungsrat der britischen Kolonie. Als sich 1961 die erste Regierung unter dem Protektorat Großbritanniens formierte, wurde Moi Parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium. Er schaffte es bis an die Spitze des Ministeriums. Zwei Jahre später wurde Kenia unabhängig. Moi trat in die Kenya African National Union (Kanu) ein, die Partei des ersten Präsidenten des Landes, Jomo Kenyatta. Ende der 1960er-Jahre hatte ihn Kenyatta zu seinem Stellvertreter gemacht. Als der Präsident 1978 starb, rückte Moi verfassungsgemäß nach und wurde ohne Gegenkandidat bei den Wahlen 1979 bestätigt.

Er war davon überzeugt, dass Pluralismus zu Chaos führen würde

Als er in sein Amt kam, machte er es sich zum Ziel, am prowestlichen Kurs Kenyattas festzuhalten. Unter seiner Herrschaft bekannte sich Kenia zum kapitalistischen Wirtschaftssystem und wurde für lange Zeit zu einer Art Musterschüler Afrikas. Nicht nur außerhalb des Kontinents, auch in Kenia selbst war Moi zunächst sehr beliebt. Doch schon bald regierte er zunehmend autoritärer. Regimekritiker waren Polizeigewalt und willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt.

Weniger als zwanzig Jahre nachdem Kenia unabhängig wurde, machte Moi das Land zu einem Einparteienstaat. Er argumentierte, dass in einem Land, in dem mehr als 40 Volksgruppen zusammenlebten, Pluralismus zu Chaos führen würde. Allerdings nutzte Moi das seit 1982 in der Verfassung festgeschriebene politische Monopol der Kanu-Partei, um die Gewaltenteilung systematisch auszuhebeln. Seine restliche Amtszeit war von politischer Repression und wirtschaftlicher Stagnation geprägt. Als auf Druck der Geberländer in den 1990er-Jahren das Einparteiengesetz aufgehoben und Kundgebungen der Opposition erlaubt wurden, kam es zu monatelangen Ausschreitungen zwischen den Volksgruppen. Dabei wurden mindestens 240 Menschen getötet.

In einem Brief machten 15 katholische Bischöfe Moi persönlich dafür verantwortlich. Der Präsident wusste die ethnische Zersplitterung im Land geschickt für sich zu nutzen. Bei den Wahlen 1992 konnte sich die Opposition auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen. Moi ging als Sieger hervor. Auch in den folgenden Jahren schlug Kenia keinen demokratischen Weg ein, stattdessen wurden politisch Andersdenkende unterdrückt und verfolgt.

Vor den Wahlen 1997 erklärte Moi, die grassierende Korruption, die Armut und Arbeitslosigkeit bekämpfen zu wollen, die er als langjähriger Präsident selbst mitverschuldet hatte. Zwar hatte die Mehrheit der Kenianer gegen ihn gestimmt, weil er jedoch elf Kontrahenten hatte, gewann er erneut. Im Jahr 2002 wurde die Kanu bei den Wahlen jedoch abgestraft. Zum ersten Mal trat die Opposition geschlossen an, und Moi musste das Amt an Mwai Kibaki übergeben, der mit deutlicher Mehrheit gewann. Seitdem lebte Moi zurückgezogen.

Moi war einmal verheiratet, allerdings ließen er und seine Frau Lena sich bereits 1979 scheiden. Sie starb 2004. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, jedoch traten die meisten von ihnen kaum in die Öffentlichkeit. Der kenianischen Zeitung Daily Nation zufolge hat Moi deshalb einmal beklagt, dass er sich enttäuscht und einsam fühle.

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