Kein Steuergeld für NPD:"Das Grundgesetz wird wegen einer Partei geändert, die am Stock geht"

NPD - Nationaldemokratische Partei Deutschlands

Steht die NPD vor dem Aus? Das neue Gesetz bleibt umstritten

(Foto: dpa)

Keine Steuergelder mehr für die NPD: Verfassungsfeindliche Parteien können künftig von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Parteienforscher Lothar Probst findet das "unausgegoren".

Interview von Jana Anzlinger

Der NPD könnte das Steuergeld entzogen werden: Das Verfassungsgericht darf verfassungsfeindlichen Parteien von der staatlichen Finanzierung ausschließen. Der Bundesrat hat der neuen Regel heute zugestimmt. Keine gute Idee, findet Lothar Probst. Er ist Parteienforscher und emeritierter Professor der Politikwissenschaft. Zuletzt hat Probst das Institut für Interkulturelle und Internationale Studien an der Universität Bremen geleitet.

SZ.de: Verfassungsfeindlichen Parteien darf künftig das Steuergeld entzogen werden. Ist das eine Lex NPD, ein Gesetz, das ausschließlich für diese Partei gemacht wurde?

Lothar Probst: Das liegt nahe. Das Verfassungsgericht hat am Ende des NPD-Verbotsverfahrens diesen Vorschlag ins Spiel gebracht. Nun wissen die Abgeordneten natürlich, dass sie sich nicht explizit auf die NPD beziehen dürfen. Deswegen ist der Entwurf, den der Bundestag und heute auch der Bundesrat angenommen haben, allgemein formuliert.

Aber über einen Ausschluss von der Finanzierung entscheidet dann auch das Verfassungsgericht.

Ja. Das heißt, das ursprüngliche Parteiverbotsverfahren landet in anderem Gewande wieder dort.

Das Verbotsverfahren ist im Januar fehlgeschlagen, weil die NPD eigentlich bedeutungslos ist.

Und diese Bedeutungslosigkeit zeigt, dass Regierung und Bundesrat übertreiben. Die NPD hat finanzielle Probleme und schon lange keinen Wahlerfolg mehr. Das Grundgesetz wird wegen einer Partei geändert, die am Stock geht.

Eigentlich soll die Verfassung die Chancengleichheit von Parteien garantieren, statt sie einzuschränken. Und das gilt auch für kleinere Parteien, die radikale Positionen vertreten.

Aber hier geht es nicht nur um radikale, sondern um verfassungsfeindliche Positionen.

Ja, das ist richtig. Bloß: Es ist gar nicht so einfach, die Grenze zu ziehen. Bei der AfD könnte man ebenfalls verfassungsfeindliche Positionen finden. Wir begeben uns damit in eine gefährliche Grauzone.

Es sind eben alle Parteien gleich betroffen. Also ist Chancengleichheit gewährleistet, oder?

Im Moment versucht ja niemand, die AfD zu verbieten oder ihr den Geldhahn zuzudrehen. Insofern zielt das gegenwärtige Vorgehen eindeutig auf die NPD.

Heißt das, die NPD soll mit dem Gesetz ausgelöscht werden?

Wenn die Bundesregierung, der Bundesrat oder der Bundestag den Antrag an das Verfassungsgericht stellen und es kommt dem nach, wird die NPD vor dem Aus stehen. Oder sie wird von privaten Spenden abhängen und in ihrer politischen Arbeit maßgeblich beeinträchtigt sein.

"Niemand zahlt gern für so eine Partei"

Können solche Spenden noch von der Steuer abgesetzt werden, wenn eine Partei von der staatlichen Unterstützung ausgeschlossen ist?

Nein, können sie nicht. Auch das ist problematisch, denn es verletzt die Rechte des Einzelnen. Und es zeigt, was diese Grundgesetzänderung alles nach sich zieht: Parteiengesetz, Erbschaftssteuerrecht, Vermögenssteuerrecht und Einkommenssteuerrecht müssen angepasst werden.

Man könnte das sogar noch weiterdenken: Was macht man, wenn die NPD mal wieder in einen Landtag einzieht? Würde man dann den Mitgliedern einer zugelassenen Fraktion, die von einem Teil der Bevölkerung gewählt wurde, kein Sitzungsgeld zahlen, weil das Steuergelder sind?

Die meisten Bürger wollen mit ihren Steuern keine rechtsextreme Partei finanzieren.

Niemand zahlt gern für so eine Partei. Die meisten werden das Gefühl haben, dass da etwas moralisch schief liegt. Aber es sollte letztlich eine Frage der politischen Auseinandersetzung sein, ob sich eine Partei behaupten kann. Man muss innerhalb einer Demokratie auch deren Feinde ertragen können.

Muss man Naziparolen ertragen können?

Wenn diese Parolen die Menschenwürde verletzen, kann man gerichtlich dagegen vorgehen. Alles andere ist Teil der politischen Auseinandersetzung, die mit harten Bandagen gegen die NPD geführt werden muss.

Warum haben die Abgeordneten von SPD und Union im Bundestag geschlossen für den Entwurf gestimmt?

Wahrscheinlich standen die Parteien der Großen Koalition und der Bundesrat nach den beiden gescheiterten Verbotsanträgen unter Druck. Sie wollen zeigen: Wir haben doch noch einen Weg gefunden, die NPD zu schwächen. Vermutlich ist das auch dem beginnenden Wahlkampf geschuldet.

Es wäre besser gewesen, das länger zu beraten. Dann hätte man vielleicht darauf verzichtet, in das Grundgesetz einzugreifen oder man hätte es zumindest nicht auf so unausgegorene Weise geändert.

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