Kehl:Alle in einem Boot: Kretschmann wirbt für Miteinander

Lesezeit: 3 Min.

Jutta Frasch, Ständige Vertreterin beim Europarat, Ministerpräsident Winfried Kretschmann. (Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Es ist ein symbolträchtiges Bild: Winfried Kretschmann steigt am Rhein auf ein Boot der Wasserschutzpolizei, auf dem sonst Deutsche und Franzosen gemeinsam...

Direkt aus dem dpa-Newskanal: Dieser Text wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen und von der SZ-Redaktion nicht bearbeitet.

Straßburg (dpa/lsw) - Es ist ein symbolträchtiges Bild: Winfried Kretschmann steigt am Rhein auf ein Boot der Wasserschutzpolizei, auf dem sonst Deutsche und Franzosen gemeinsam Patrouille fahren. Von Kehl aus geht es am Donnerstag auf dem Wasser nach Straßburg. Ob er Sorge hat, seekrank zu werden? „Ich kann schwimmen“, sagt der 73-Jährige frohgemut. Die Botschaft dieser Reise zum Nachbarn ist klar: „Wir sitzen alle in einem Boot“, sagt auch Pierre Michel Arcade, der Co-Kommandant der deutsch-französischen Einheit und übersetzt es prompt auf französisch: „On est tous sur le même bâteau.“

Wechselbad der Gefühle: Erst Grenzkontrollen, dann Corona-Hilfe

Kretschmann spricht zwar kaum ein Wort französisch, legt aber großen Wert auf das Miteinander mit den Franzosen. Gerade in Krisen- und Kriegszeiten wie diesen müsse man in Europa noch mehr zusammenhalten und die Kooperation auf allen Ebenen ausbauen. Als Beispiel führt der Grüne an, wie sich Baden-Württemberg und die ostfranzösische Region Grand Est während der Corona-Pandemie beigestanden hätten. Als die erste Welle im Elsass wütete, wurden etwa ein Dutzend Schwerkranke über die Grenze gebracht und beatmet. „Das werden wir nicht vergessen“, sagt Josiane Chevalier, die Präfektin von Bas-Rhin.

Als es Ende 2021 im Südwesten knapp wurde auf den Intensivstationen, standen die Franzosen bereit. Am Ende kam es nicht zu Verlegungen. Mit dem Beistandspakt habe man gezeigt, dass man nicht nur als „Schönwettergemeinschaft“ funktioniere, sagt Kretschmann. Er weiß, dass es zu Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 große Verstimmungen im Elsass gab, weil Deutschland einseitig Grenzkontrollen eingeführt hatte. Plötzlich wurden die etwa 23 500 französischen Grenzgänger etwa auf dem Weg zu Arbeit wieder kontrolliert. Der Ärger über die „boches“ war groß - ein Schimpfwort von früher.

Produktives Miteinander auf dem Rhein

Das gemeinsame Zoll- und Polizeizentrum und die Wasserschutzpolizei in Kehl sind Vorzeigeprojekte des Miteinanders. Innenminister Thomas Strobl (CDU) ist stolz darauf, dass das Zentrum 1999 das erste Projekt dieser Art europaweit war. Andreas Stenger, LKA-Präsident, schwärmt, das Zentrum sei eine „Brücke zwischen den Kulturen“ und sorge für reibungslosen Infoaustausch. Es gebe aber auch Bremsklötze. Wenn etwa die deutsche Seite einen Gefährder präventiv überwache, ende das in dem Moment, in dem dieser über die Grenze fahre. Hier wünscht er sich noch mehr Abstimmung. Andreas Ridder, Leiter der Wasserschutzpolizei, geübt im täglichen Miteinander, zitiert den Schriftsteller Kurt Tucholsky: „Den Deutschen muss man verstehen, um ihn zu lieben. Den Franzosen muss man lieben, um ihn zu verstehen.“

Kretschmann sieht Nachkriegsordnung durch Putin zerstört

Für Kretschmann ist es schon die neunte Visite in Frankreich in seiner elfjährigen Amtszeit. Angesichts des Kriegs in der Ukraine müsse man jetzt noch enger zusammenstehen, findet er. Russlands Präsident Wladimir Putin lege nicht nur die Ukraine in Schutt und Asche, „sondern auch die ganze Nachkriegsordnung“. Die Antwort darauf könne nur sein, die europäische Wertegemeinschaft weiter zu festigen.

Ganz konkret will Kretschmann die Kooperation verschiedener Hochschulen im Grenzgebiet voranbringen: „Da sind wir ganz nah dran an einer echten europäischen Universität“, sagte er. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der sich in gut einer Woche zur Wiederwahl stellt, habe im Aachener Freundschaftsvertrag mit Deutschland verankert, dass es künftig europäische Universitäten geben solle. Eine solche wolle man nun realisieren, sagt Kretschmann. Der Krieg in der Ukraine habe allen Europäern vor Augen geführt, dass das Friedensprojekt keine Selbstverständlichkeit sei. „Ich hoffe, dass die Kanonen in der Ukraine uns aufwecken.“

Ein gutes Zeichen in „finsteren Zeiten“

Deswegen werde er auch weiter an dem Uni-Verbund arbeiten. Noch gebe es in Brüssel dicke Bretter zu bohren, um die Schweiz, die nicht zur EU gehört, in die europäische Universität integrieren zu dürfen. Schon jetzt bilden die Universitäten Straßburg, Freiburg, Mulhouse, Basel und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) den Verbund „Eucor - The European Campus“. Künftig soll es vier binationale Professuren geben. Kretschmann freut sich, dies sei ein gutes Zeichen „in diesen finsteren Zeiten“.

© dpa-infocom, dpa:220330-99-735719/7

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: