Brett Kavanaugh bestätigt:Ein dreckiges Spiel

Im Nominierungsverfahren von Brett Kavanaugh gibt es keine Gewinner. Kavanaughs Ruf ist ruiniert, Demokraten und Republikaner haben das Land noch tiefer gespalten, als es Trump möglich wäre.

Kommentar von Thorsten Denkler, New York

Es ist vorbei. Brett Kavanaugh wurde in Washington als Richter am Supreme Court vom US-Senat mit knapper Mehrheit bestätigt. Nach einer wochenlangen und für alle Seiten entwürdigenden Schlammschlacht.

Es wird noch etwas dauern, bis das ganze Ausmaß der Schäden begutachtet werden kann, das Demokraten, Republikaner, US-Präsident Donald Trump, Kavanaugh selbst und fast alle Beteiligten in diesem beispiellosen Nominierungsverfahren angerichtet haben. Aber schon jetzt ist klar, dass keine der wirren Reden von Trump, keiner seiner irren Ergüsse auf Twitter schaffen konnten, was dieses Verfahren geschafft hat: Es hat das letzte bisschen Vertrauen zerstört, das die Bürger der USA vielleicht noch in ihre parlamentarischen Vertreter haben konnten.

Kavanaugh ging es am Ende nur noch um ihn selbst

Es gibt in diesem - so deutlich muss es gesagt werden - dreckigen Spiel keine Sieger. Brett Kavanaugh wird seinen Lebenszeit-Job am höchsten Gericht der USA antreten. Aber sein Ruf ist ruiniert. Nicht allein wegen der Vorwürfe, in seiner Jugend drei Frauen sexuell belästigt zu haben. Ob die Vorwürfe wahr sind, wird er mit sich selbst und seiner Familie ausmachen müssen. Beweisen lässt sich nichts mehr. Es ist vor allem sein desaströser Auftritt vor dem Senat in der Sache, der gezeigt hat, dass dieser Mann nicht die notwendige charakterliche Größe für das Amt besitzt.

Als Richter am Supreme Court wird Kavanaugh Entscheidungen fällen müssen, die Einfluss auf das Leben aller US-Amerikaner haben können. Wie sollen die Menschen einem Richter vertrauen, der es nicht schafft, in so einer Anhörung ehrlich und wahrhaftig mit seiner Vergangenheit umzugehen? Er wird noch in Jahrzehnten an diese Wochen im Sommer 2018 erinnert werden. Ihm ging es am Ende nicht um das Land. Es ging ihm nur noch um sich selbst.

Christine Blasey Ford, jene Zeugin, die vor dem Senat beschrieben hat, wie Kavanaugh und ein Freud von ihm sie fast vergewaltigt hätten, hat viel auf sich genommen, ihr Gesicht zu zeigen. Es hat nichts genützt. Das hat sie aber auch gar nicht erwartet, wie sie selbst gesagt hat. Dass sie dennoch in der Öffentlichkeit steht und Morddrohungen ausgesetzt ist, hat sie auch den Demokraten zu verdanken. Ein Leck in deren Reihen hat mutmaßlich den Brief öffentlich werden lassen, in dem sie ihre Erlebnisse der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein im Vertrauen geschildert hatte.

Den Demokraten ging es um Rache, den Republikanern um Macht

Die Demokraten haben in diesem Verfahren die Spaltung des Landes weiter vertieft. Sie haben sich und ihren Anhängern geschworen, Kavanaugh zu verhindern, koste was es wolle. Sie wollten den Republikanern unbedingt heimzahlen, dass diese sie im letzten Amtsjahr von Barack Obama um einen Richterposten am Supreme Court betrogen haben. Sie haben sich nicht gescheut, die Zeugin Blasey Ford in diesem Kampf als taktische Waffe gegen die Republikaner einzusetzen. Alles nur, weil sie immer noch nicht verkraftet haben, dass sie die Wahl 2016 verloren haben. Das bedeutet nicht, unkritisch an der Seitenlinie zu stehen. Aber es hätte geholfen, diese Realitäten erstmal anzuerkennen. Es ging den Demokraten jetzt nicht mehr ums Land. Es ging ihnen um Rache.

Die Republikaner ihrerseits haben alles getan, um Trumps Kandidaten durchzubringen. Koste es, was es wolle. Die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford war die einzige Zeugin, die sie anhören wollten. Und auch nur notgedrungen. Deren Auftritt war überaus glaubwürdig. Die Republikaner aber wollten sie nicht ernst nehmen. Hätten sie es getan, hätten sie Kavanaugh empfehlen müssen, sich aus dem Verfahren zurückzuziehen.

Die Nominierung ist kein Gerichtsverfahren, in dem Schuld oder Unschuld eines Angeklagten zu beweisen wäre. Es ist ein Job-Interview für das wichtigste Gericht des Landes. Schon kleinste Zweifel an der Ehrbarkeit eines Kandidaten sollten zur Nichtanstellung führen. Auch zu dessen eigenem Schutz. Den Republikanern aber ging es nicht um ein faires Verfahren, es ging ihnen darum, die konservative Übermacht im Supreme Court auf Jahrzehnte zu sichern.

Alle Beteiligten, außer Blasey Ford, sind gescheitert

US-Präsident Donald Trump hat alles noch verschlimmert. Erst erklärte er, Blasey Ford sei glaubwürdig. Dann verhöhnte er sie auf einer Wahlveranstaltung, indem er Falsches über sie erzählte. Etwa, dass sie sich angeblich an nichts habe erinnern können, außer, dass sie an jenem Abend ein Bier getrunken habe. Das ist nicht wahr. Sie konnte sich an vieles erinnern, auch an Details. Aber typisch für traumatisierte Opfer sexueller Gewalt ist, dass sie sich an manche Details, die aus Ermittlersicht wichtig wären, eben nicht erinnern.

Trumps Respektlosigkeit gegenüber Blasey Ford überrascht am allerwenigsten. Erschreckend aber ist, wie im Senat jeder Anstand verloren gegangen ist, auf allen Seiten. Es wurden Fakten verdreht, Zeugen die Worte im Mund verdreht, es wurde sich gegenseitig beschimpft, verhöhnt und niedergemacht. Die Verfassung der USA verpflichtet die Politiker zu überparteilicher Zusammenarbeit. Diese Überparteilichkeit hat das Land so großartig gemacht. An dieser Aufgabe sind alle Beteiligten gescheitert. Blasey Ford ausdrücklich ausgenommen.

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