Kaukasus-Konflikt:Russische Flotte vor der georgischen Küste

Die russische Schwarzmeerflotte liegt mit Tausenden Soldaten vor der georgischen Küste. Offenbar will sie den georgischen Zugang zum Schwarzen Meer blockieren.

Die russische Marine will nach Medienberichten den georgischen Zugang zum Schwarzen Meer blockieren. Mehrere Schiffe der Schwarzmeerflotte seien vor die georgische Küste beordert worden, meldete die Nachrichtenagentur Interfax am Sonntag. Sie sollten verhindern, dass Waffenlieferungen nach Georgien gelangen. Ein Sprecher der russischen Marine wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren.

Kaukasus-Konflikt: Ein russischer Soldat in der Krisenregion Südossetien.

Ein russischer Soldat in der Krisenregion Südossetien.

(Foto: Foto: AP)

Gleichzeitig hat Georgien seine Truppen aus der Hauptstadt der abtrünnigen Region Südossetien abgezogen. Unter massivem russischen Beschuss hätten die Soldaten Zchinwali verlassen, sagte ein Minister in Tiflis. Der Rückzug solle helfen, einen Korridor für die Evakuierung von Verwundeten einzurichten.

Die Soldaten bezögen andere Positionen, blieben aber in Südossetien, sagte Wiedervereinigungsminister Temur Jakobaschwili. Auch der Chef des georgischen Sicherheitsrates, Alexander Lomaia, bestätigte, die Truppen hätten sich aus Zchinwali zurückgezogen. Als Grund nannte er die russischen Angriffe.

"Russland hat seine Aggression über Nacht ausgeweitet", sagte Lomaia. Bereits am Samstag hatte ein russischer General erklärt, seine Truppen hätten die georgischen Streitkräfte aus der Stadt vertrieben.

Zum ersten Mal seit Beginn der Kämpfe am Freitag griff die russische Luftwaffe am Sonntagmorgen ein Ziel in der georgischen Hauptstadt Tiflis an. Sie bombardierte ein Werk im Osten von Tiflis, in dem Kampfjets vom Typ Su-25 produziert werden. Ein Sprecher des georgischen Innenministeriums sagte, die Rollbahn des Flugfelds sei beschädigt worden. Verletzt wurde seinen Angaben zufolge niemand.

In der Nacht hatten russische Flugzeuge nach georgischen Angaben auch einen Militärflugplatz nahe der georgischen Hauptstadt Tiflis bombardiert. Laut Lomaja, trafen gleichzeitig Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte vor der Küste Abchasiens ein. Russland ziehe zudem Panzerfahrzeuge an der Grenze zu Georgien zusammen.

Lomaja zufolge versuchten die russischen Kampfflugzeuge vergeblich, die Landebahn des Militärflugplatzes zu zerstören. Dieser liege ganz in der Nähe des Internationalen Flughafens von Tiflis. Ein Sprecher des georgischen Innenministeriums berichtete zudem von russischen Angriffen auf die georgische Region Sugdidi sowie auf die Kodori-Schlucht - dem einzigen Gebiet der abtrünnigen Provinz Abchasien, das von Georgien kontrolliert wird.

In Zchinwali, der Haupstadt der abtrünnigen Provinz Südossetien, herrschte hingegen nach stundenlangem georgischem Beschuss am Morgen Ruhe, wie eine Sprecherin der südossetischen Regierung berichtete.

Die Kämpfe zwischen Russland und Georgien um die Kontrolle Südossetiens hatten sich am Samstag auch auf Abchasien ausgeweitet. Die Uno zog aus Sicherheitsgründen 15 Vertreter ihre Beobachtermission aus der Kodori-Schlucht ab.

Russische Flugzeuge flogen außerdem mehrere Angriffe auf georgisches Kernland. Der georgische Präsident Michail Saarkaschwili verhängte für 15 Tage das Kriegsrecht. Gleichzeitig aber bot er Russland einen sofortigen Waffenstillstand an.

Leichen auf den Straßen

Moskau und Tiflis verschärften auch ihre verbalen Angriffe. Sie beschuldigten sich gegenseitig der Kriegsverbrechen, Tschurkin und der russische Ministerpräsident Wladimir Putin sprachen gar von einem "Völkermord" an der südossetischen Bevölkerung. Russland berichtete von 2000 Toten und 30.000 Flüchtlingen. Saakaschwili wies die Zahlen als völlig übertrieben zurück.

Südossetischen Berichten zufolge ist die Hauptstadt Zchinwali weitgehend zerstört. Die Zustände für die Zivilbevölkerung seien katastrophal. Auf den Straßen lägen Leichen, hieß es in einer Mitteilung. Die Behörden kündigten an, die Stadt im Tagesverlauf zu evakuieren.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die Konfliktparteien zu einem sofortigen Waffenstillstand und zu Verhandlungen auf. Die EU forderte von Moskau, das georgische Waffenstillstandsangebot umgehend anzunehmen. Sie mahnte Russland, die Souveränität und territoriale Integrität Georgiens zu respektieren. Eine Fortsetzung der militärischen Aktionen werde die Beziehungen zu Russland beeinträchtigen, hieß es.

Anfang der Woche wollen die EU-Außenminister nach Angaben aus diplomatischen Kreisen in Paris oder Brüssel über den Konflikt zwischen Russland und Georgien um die abtrünnige Provinz Südossetien beraten. Der französische Außenminister Bernard Kouchner wollte nach Angaben seines Ministeriums am heutigen Sonntag in die Region reisen.

Kouchner sollte auf seiner Reise von dem finnischen Außenminister Alexander Stubb begleitet werden, der derzeit den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) innehat.

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