Union:"Eine instabile Regierung hat das Land nicht verdient"

Angela Merkel nach der Wahl des Union-Fraktionsvorsitzenden 2018 in Berlin

Angela Merkel nach der Sitzung der Unionsfraktion, in der die Abgeordneten ihr eine schwere Niederlage zufügten.

(Foto: dpa)
  • Soll Kanzlerin Merkel nach der Schlappe ihres Vertrauten Volker Kauder die Vertrauensfrage stellen?
  • Führende Politiker der Regierungsparteien wollen das nicht und fordern eine ruhige Regierungsarbeit.
  • FDP und Linke sehen das vollkommen anders.

Die Wahl von Ralph Brinkhaus (CDU) zum Unionsfraktionsvorsitzenden erschüttert das politische Berlin bis hin zum Kanzleramt. Angela Merkel (und auch Horst Seehofer) hatten sich für den langjährigen Fraktionschef Volker Kauder starkgemacht.

Dessen Abwahl schwächt die Kanzlerin, die es in den vergangenen Monaten ohnehin nicht leicht hatte. Durch den Asylstreit im Sommer und die Affäre Maaßen ist ihre Regierung bei vielen Bürgern in Misskredit geraten. Vor diesem Hintergrund fordern nun einige Politiker Merkel dazu auf, im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Sprächen die Bundestagsabgeordneten der Kanzlerin das Vertrauen aus, könnte sie daraus gestärkt hervorgehen. Sollte die Mehrheit mit "Nein" stimmen, könnte es jedoch Neuwahlen geben.

FDP-Chef Christian Lindner forderte Merkel zur Stellung der Vertrauensfrage auf. "Eine instabile Regierung, die nur mit sich selbst streitet und keine Richtung vorgibt, hat das Land nicht verdient", erklärte Lindner am Dienstagabend. "Deshalb empfehle ich Frau Merkel, die Vertrauensfrage zu stellen. Dadurch kann sie entweder die Stabilität wiederherstellen oder die Führung an andere abgeben. Andere Bundeskanzler vor ihr haben dieses Instrument auch genutzt."

Ähnliche Forderungen erhob die Linke. "Frau Merkel sollte im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage stellen", sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch. "Das war eine Abstimmung gegen Angela Merkel", sagte die Co-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Nach der Wahl sei klar, "dass die Gefahr relativ gering ist, dass wir noch drei Jahre mit einer handlungsunfähigen großen Koalition unter Angela Merkel rechnen müssen".

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU), der als Vertrauter der Kanzlerin gilt, wies das zurück. "Warum sollte sie das tun?", fragte der Parteivize am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Ralph Brinkhaus habe angekündigt, die Kanzlerin zu unterstützen. "Sie hat das Vertrauen der Fraktion. Aber in der Frage des Vorsitzes scheint es da einen Wunsch nach Veränderung in Berlin gegeben zu haben."

Er erwarte nun, "dass in Berlin jetzt das Theater der letzten Monate mal beendet wird". Zum neuen Fraktionschef sagte Laschet: "Wenn er es schafft, da einen neuen, frischeren Stil in die Bundestagsfraktion zu bringen, mit neuen Ideen, dann kann das am Ende der CDU nur nutzen."

SPD-Vizechefin Manuela Schwesig verzichtete auf die Forderung der Vertrauensfrage, forderte Merkel jedoch auf, für Stabilität in den Unionsparteien zu sorgen. Für die Sozialdemokraten sei ein stabiler Partner in der Regierung wichtig. "Die große Koalition muss wieder Politik für die Menschen machen." Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, sagte, er sehe keine Notwendigkeit, die Vertrauensfrage zu stellen. Er sei sicher, dass Brinkhaus "größtes Interesse hat, dass diese Bundesregierung stabil arbeitet".

Für Grünen-Chefin Annalena Baerbock zeigt die Personalie Brinkhaus, wie durcheinander die Union ist. "Ich kann nur hoffen, dass sie sich berappelt und ihren Job macht. Das Land muss ein Jahr nach der Wahl endlich mal regiert werden", sagte Baerbock der dpa. In diesen Zeiten sei politische Führung mehr denn je gefragt. "Angesichts der weltweiten Krisen und Umbrüche muss Politik das Heft des Handelns in die Hand nehmen. Seit Monaten erleben wir aber ein Taumeln der großen Koalition von einem Ausnahmezustand zum nächsten."

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) betonte, Brinkhaus' Wahl sei kein "Erdbeben", sondern das Ergebnis einer fairen und demokratischen Abstimmung. Der CSU-Politiker wies die Forderungen nach der Vertrauensfrage im ZDF-"Morgenmagazin" zurück.

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