Island:Mopsende Miezen

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Warum in dem Inselstaat auffällig oft von klauenden Katzen berichtet wird.

Von Nicolas Freund

Die isländische Hauptstadt Reykjavík wird derzeit von einer Welle an Eigentumsdelikten heimgesucht. Regelmäßig verschwinden Kleidungsstücke, vor allem aus Waschkellern: Mützen, T-Shirts, Unterhosen und Socken, letztere meist paarweise. Der Hauptverdächtige heißt Ómar Ingimundar. Das berichtet RÚV, der isländische Rundfunk.

Obwohl Wohn- und Aufenthaltsort des Verdächtigen bekannt sind, ist es bisher nicht zu einer Verhaftung gekommen. Denn bei Ómar Ingimundar handelt es sich um eine Hauskatze. Im isländischen Fernsehen zeigte seine Besitzerin Kristín Ómarsdóttir die Beute ihres Katers, die mehrere Plastiktüten füllt. Anfangs habe er es auf alte Klamotten abgesehen gehabt, erzählt die Besitzerin in dem Beitrag. Hauptsache weich und warm. Inzwischen sind seine Ansprüche aber gestiegen: In letzter Zeit schleppe er vermehrt Markenkleidung an. Einmal hatte er eine Perücke dabei. Weil nicht immer klar ist, wo genau der Kater die Kleidungsstücke gestohlen hat, richtete die Familie jetzt eine Box vor ihrem Haus ein, in der Menschen aus der Nachbarschaft das Diebesgut sichten können, wenn sie ein Kleidungsstück vermissen. Bei seinen Raubzügen beobachtet wurde Ómar bisher nicht.

Kristín Ómarsdóttirs Katze ist nicht die erste, über deren angebliche Straftaten in isländischen Medien berichtet wird. Vor sechs Jahren brachte es eine andere Katze zu zweifelhafter Berühmtheit, weil sie sich mehrmals in einen Supermarkt in der Innenstadt von Reykjavík geschlichen haben soll, um Trockenfisch zu klauen. Und bereits 2015 berichteten Zeitungen über eine Katze, die sich auf den Diebstahl gestreifter Unterwäsche und Socken spezialisiert habe.

Bisher wurden in der isländischen Hauptstadt keine Maßnahmen zur Eindämmung der scheinbar grassierenden Katzenkriminalität ergriffen. Dort herrscht eine vergleichsweise liberale Politik gegenüber Katzen, selbst wenn diese straffällig werden. Anders in Akureyri, der zweitgrößten Stadt des Landes. Dort wird hart gegen Katzen durchgegriffen, auch wenn diese sich nicht strafbar gemacht haben. Im November beschloss der dortige Stadtrat, Katzen von 2025 an den Aufenthalt im Freien komplett zu untersagen. Grund dafür waren Beschwerden, die Tiere würden Blumenbeete als Toiletten missbrauchen und nistende Vögel bedrohen. In anderen isländischen Städten wie Húsavík gelten bereits ähnliche Gesetze. In Norðurþing werden freilaufende Katzen sogar aktiv gejagt, unter anderem mit Fallen.

Werden Katzen in Island kriminalisiert? Die Medienberichte und übermäßig streng erscheinenden Gesetze legen diesen Schluss nahe. Andererseits sind längst nicht alle Isländer Katzenfeinde. Gegen Beschlüsse, die Katzen den Aufenthalt im Freien verbieten, wird regelmäßig Beschwerde eingelegt. Möglicherweise gibt es aber auch kulturelle Gründe für die anscheinend weit verbreiteten Katzenvorurteile. In Island bekommen böse Kinder an Weihnachten nämlich anstatt des Krampus Besuch von der "Weihnachtskatze", und die möchte nicht schmusen, sondern ist eine menschenfressende Horrorgestalt. Interessantes Detail: Besonders oft sollen Kinder heimgesucht werden, die sich zu Weihnachten nicht ordentlich angezogen haben. Das Trauma scheint bei manchen tief zu sitzen.

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