Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:"Wo ist der Heilige Geist dort?"

Papst Franziskus spricht über das Mehrheitsprinzip und seine Grenzen. Das zielt wohl auch auf reformwillige Katholiken in Deutschland.

Von Annette Zoch, München

Papst Franziskus hat Kirchenreformen nach rein demokratischen Maßstäben eine Absage erteilt. "Manchmal bin ich sehr traurig, wenn ich eine Gemeinschaft sehe, die guten Willens ist, aber in die falsche Richtung geht, weil sie glaubt, der Kirche mit Versammlungen zu helfen, als wäre sie eine politische Partei", sagte Franziskus in seiner wöchentlichen Video-Ansprache am Mittwoch. Franziskus zitiert dann fiktive Diskussionen: ",Aber die Mehrheit, die Minderheit, was halten Sie von diesem, jenem, dem anderen... Und das ist wie eine Synode, ein synodaler Weg, den wir einschlagen müssen...'" Er frage sich, fährt Franziskus dann fort: "Wo ist der Heilige Geist dort? Wo ist das Gebet? Wo gibt es Gemeinschaftsliebe? Wo ist die Eucharistie?" Ohne diese Koordinaten werde die Kirche zu einer "menschlichen Gesellschaft, zu einer politischen Partei".

Die Reformdebatte zwischen Klerikern und Laien in der deutschen katholischen Kirche trägt offiziell den Titel "Synodaler Weg". Franziskus erwähnte die deutsche Debatte nicht direkt, benutzte aber in seinen Ausführungen den Begriff in allgemeiner Form. Die Existenz der Kirche beziehe ihren Sinn aus der Verwurzelung in Christus. Unabdingbar seien das Hören auf die Lehre der Apostel, geschwisterliche Gemeinschaft, die Feier der Sakramente und das Gebet, betonte Franziskus. Alles, was in der Kirche jenseits dieser Eckpunkte wachse, sei ohne Fundament und "auf Sand gebaut".

Der Synodale Weg entstand als Reaktion auf den Missbrauchsskandal und will unter anderem Fragen nach klerikaler Macht, der Rolle des Priesters, der Stellung von Frauen und der katholischen Sexuallehre beantworten. Die Corona-Pandemie hat auch den Synodalen Weg ausgebremst, die für Februar geplante zweite Vollversammlung in Frankfurt wurde abgesagt. Sie soll online stattfinden. Vor Beginn des Synodalen Wegs hatte sich Franziskus bereits in einem "Brief an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" gewandt und davor gewarnt, die Lösung der Probleme ausschließlich auf dem "Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung zu erreichen".

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