Katholische Kirche:"Tage des großen Leidens" für den Papst

Ein Weggefährte verteidigt Benedikt XVI. gegen Kritik nach seinen Aussagen im Münchner Missbrauchsgutachten. Deutsche Bischöfe fordern hingegen eine Entschuldigung, einschneidende Reformen - und stellen sogar den Zölibat infrage.

Der Vatikandiplomat Kardinal Fernando Filoni (75) verteidigt Benedikt XVI. Er könne die tiefe und sehr hohe moralische und intellektuelle Aufrichtigkeit des emeritierten Papstes bezeugen, schreibt der frühere Substitut im Staatssekretariat in der Vatikanzeitung Osservatore Romano. Ihm sei immer klar gewesen, dass Benedikt XVI. den Willen gehabt habe, der "Frage der Pädophilie" in der Kirche mit Entschlossenheit zu begegnen.

Es seien "Tage des großen Leidens" für den emeritierten Papst und die Kirche, so Filoni weiter. Benedikt XVI. steht seit der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) für das Erzbistum München und Freising in der Kritik. In seiner Stellungnahme für das Gutachten hatte Benedikt XVI. bestritten, an einer entscheidenden Sitzung teilgenommen zu haben, in der es um die Aufnahme eines pädophilen Priesters ging. Wenige Tage später korrigierte er diese Aussage. Für Kritik hatten außerdem seine Äußerungen zu einem Priester gesorgt, der vor minderjährigen Mädchen sexuelle Handlungen vorgenommen hatte. Dieser sei als Exhibitionist aufgefallen, aber nicht als Missbrauchstäter im eigentlichen Sinn, so Benedikt XVI. Eine weitere ausführliche Einlassung Benedikt XVI. zu dem Gutachten ist angekündigt, steht aber noch aus.

Schick fordert systemische Veränderungen

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing forderte am Sonntagabend in der ARD-Sendung von Anne Will: "Benedikt muss sich jetzt äußeren. Er muss den Satz sagen: 'Ich habe Schuld auf mich geladen.' Und er muss die Gläubigen um Verzeihung bitten. Anders geht es nicht." Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sagte dem Fränkischen Tag, Benedikt solle "zu den Fehlern, dem Versagen und der Schuld stehen", dürfe jedoch "auf seine guten Initiativen und Leistungen" hinweisen. Schick forderte systemische Veränderungen in der Kirche, auch im Vatikan. "Die Leitungsämter in der Kirche von Bischöfen, Pfarrern und Seelsorgern (...) sollten auf Zeit vergeben werden, zum Beispiel sieben Jahre", sagte er. Begleitet werden sollten sie von Beratungs- und Aufsichtsgremien. Auch der Freiburger Erzbischof Stephan Burger forderte einen "umfassenden kirchlichen Kulturwandel", sagte er der Badischen Zeitung.

Berlins Erzbischof Heiner Koch sagte, er erwarte, dass Benedikt XVI. um Entschuldigung bitte. Koch stellt außerdem den Zölibat infrage: Ehelosigkeit sei zwar ein "starkes Glaubenszeugnis", müsse aber "nicht der ausschließliche Weg zum priesterlichen Dienst sein", sagte er dem Tagesspiegel. Er wisse, "wie stark die Glaubens- und Verkündigungskraft vieler Verheirateter ist, die auch im priesterlichen Leitungsdienst eine Bereicherung wären". An diesem Donnerstag beginnt die dritte Synodalversammlung des Synodalen Wegs, der Reformdebatte zwischen Priestern und Laien. Auf der Tagesordnung stehen erste Beschlüsse, unter anderem über einen Grundtext für mehr Macht- und Gewaltenteilung.

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