Hans Küng über sieben Päpste:Der alte Rebell klingt hoffnungsvoll

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Sieben Päpste hat Hans Küng (rechts unten) in seiner Laufbahn als Theologe durchlebt. (Foto: dpa/AFP/Getty/Wikimedia Commons)

Der Theologe Hans Küng hat ein langes Menschenleben für die Öffnung der katholischen Kirche gestritten. Nun lässt er seine Erlebnisse mit sieben Päpsten Revue passieren.

Von Matthias Drobinski

Es ist der 13. Oktober 1948, als Hans Küng erstmals einem Papst gegenübersteht: Pius XII. hat frisch geweihte Priester und Studenten aus dem deutschen Kolleg in Rom zur Audienz in die Sommerresidenz Castel Gandolfo geladen. Der Papst wünscht den jungen Männern Mut und Ausdauer im Studium und erteilt ihnen den Apostolischen Segen.

Gerührt und glücklich fährt der Theologiestudent aus der Schweiz zurück nach Rom: Ja, so soll ein Papst sein, asketisch und aristokratisch, schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt, ein Verteidiger des überlieferten Glaubens. Hans Küngs Begeisterung währt nicht lange. Schon bald spürt er die geistige Enge, die in der katholischen Kirche damals herrscht, in der es ein Skandal ist, wenn ein Seminarist bei Bruthitze die klerikale Kleiderordnung missachtet.

Sie ist zu retten, diese Kirche

67 Jahre und sechs Päpste später schreibt der nun 87 Jahre alte Jungtheologe von einst, was er so alles erlebt hat mit den Stellvertretern Christi auf Erden. Herausgekommen ist weniger ein kirchenhistorisches Werk als vielmehr eine subjektive Erzählung, angereichert mit Analyse und Kommentar. Küng erzählt, wie begeistert er ist, als Papst Johannes XXIII. ein Konzil zur Kirchenreform ankündigt - und wie enttäuscht, als viele Reformen auf halbem Wege stecken blieben.

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Er berichtet von der Begegnung mit Paul VI., der Küng gerne fördern möchte, wenn der sich doch mehr an die vorgegebenen Linien hielte. Breiten Raum nimmt der Streit mit Johannes Paul II. ein, der dem Tübinger Theologen im Dezember 1979 die Lehrbefugnis entzieht; auch die Auseinandersetzung mit Joseph Ratzinger, der 2005 Papst Benedikt wird, zieht sich durch die Erzählung.

Für Hans Küng ist die Papstgeschichte eine Geschichte der verpassten oder bewusst verweigerten Reformen. Vor allem die 26 Jahre unter Papst Johannes Paul II. erlebt er als bleierne Zeit; Benedikt XVI. schließlich steht vor den Scherben dieser Politik. Am Ende des Buchs ruhen Küngs Hoffnungen auf Papst Franziskus, wenn auch verbunden mit der Sorge, dass die Gegenkräfte zu stark sein könnten. Doch der alte Rebell klingt hoffnungsvoll: Sie ist zu retten, diese Kirche, für deren Öffnung Hans Küng ein langes Menschenleben gestritten hat.

Wer Küngs Bücher kennt, dürfte allerdings hier wenig Neues entdecken. Oft zitiert der Autor sich selbst und seine vielen Werke. Und auch, wenn der Wunsch, sich selbst zu rechtfertigen, verständlich ist: Manchmal stört das Bedürfnis des Autors, zu zeigen, wo er überall von Anfang an recht gehabt hat, das Lesevergnügen. Wer darüber hinwegsieht und wer sich auf knapp 400 Seiten ohne allzu große Lesemühe über fast 70 Jahre des Ineinanders und Miteinanders von Papst- und Künggeschichte informieren will, der liegt hier richtig.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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