Katholische Kirche:"Päpstliches Geheimnis" bei Missbrauch abgeschafft

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Papst Franziskus hat eine umstrittene Regel für ungültig erklärt, durch die sexuelle Übergriffe verschleiert werden konnten.

Von Andrea Bachstein

Papst Franziskus hat mit zwei Verfügungen das "Päpstliche Geheimnis" abgeschafft in Fällen, wo es Missbrauch von Minderjährigen durch katholische Geistliche betrifft. Wie der Vatikan am Dienstag bekannt gab, änderte er mit diesen "Motu proprio" zudem eine Norm zur Bestrafung der Verbreitung und des Besitzes von kinderpornografischem Material. Letzteres zählt künftig zur Kategorie der schwersten Delikte, der "graviora delicta", und schließt Opfer nicht mehr nur bis 14, sondern bis zu 18 Jahren ein.

Der Vatikan teilte mit, am 4. Dezember habe Franziskus entschieden, das päpstliche Geheimnis abzuschaffen bei Beschwerden, Prozessen und Entscheidungen in Fällen sexueller Gewalt und ihrer Vorstufen. Und zwar, wenn sie begangen wurden unter Androhung oder Missbrauch von kirchlicher Amtsautorität. Des Weiteren, wenn es um Missbrauch von Minderjährigen und Schutzbedürftigen gehe, um Kinderpornografie, sowie bei unterlassener Meldung oder Vertuschung von Missbrauch durch Bischöfe und Generalobere von Ordensinstituten.

Es gehe, so erläuterte der vatikanische Mediendirektor Andrea Tornielli, beispielsweise um Zeugenaussagen, die sich in Dokumenten befinden, die unter dem Päpstlichen Geheimnis in Archiven des Vatikan oder von Bistümern lagern. Sie könnten nun auch der weltlichen Justiz ausgehändigt werden. Wie aus der Verfügung hervorgeht, können Informanten, Opfer und Zeugen bei kirchlichen Verfahren durch die Verfügungen künftig "nicht verpflichtet werden, zu den Fakten zu schweigen". Magnus Lux von der Laienbewegung "Wir sind Kirche" sagte, dies habe große Tragweite, da Missbrauchsopfer bisher keinen Einblick hatten in kircheninnere Prozesse.

Beim Kinderschutzgipfel im Februar im Vatikan hatten Experten wie Bischöfe gefordert, dass der Papst diesen Schritt gehen solle. Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, hatte sich dafür eingesetzt. Im Mai hatte Franziskus dann für alle Bistümer weltweit angeordnet, jeden Missbrauchsfall anzuzeigen und staatliche Ermittlungen zu unterstützen. Außerdem müssen alle Diözesen Meldestellen für Missbrauch einrichten.

Das "Päpstliche Geheimnis" umfasst Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsakte der katholischen Kirche. Das kann beispielsweise die Auswahl von Bischöfen betreffen. Grundsätzlich geht es dabei vor allem um den Schutz von Persönlichkeitsrechten.

Wie im "Motu proprio" erläutert, wird nun aber nicht direkt das Päpstliche Geheimnis abgeschafft. Es werde nur herabgestuft auf die Ebene des Amtsgeheimnisses. Dieses befreie aber nicht von Verpflichtungen durch staatliche Gesetze. Darunter fällt auch eine Meldepflicht von Missbrauch, die es aber nicht überall gibt, auch in Deutschland nicht. Laut einer von der Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Studie missbrauchten in Deutschland zwischen 1946 und 2014 mindestens 1670 katholische Geistliche 3677 Minderjährige.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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