Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:Mehr Geld gefordert

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Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung kritisiert die beschlossenen Entschädigungen. 50 000 Euro seien für Opfer schweren Missbrauchs nicht genug.

Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hat die katholischen Bistümer nachdrücklich aufgefordert, Opfern schweren sexuellen Missbrauchs mehr Geld zu geben. Die Ende September beschlossenen Einmalzahlungen von bis zu 50 000 Euro reichten für schwere Fälle nicht aus, sagte Rörig der Augsburger Allgemeinen. "Es gibt mit hoher Sicherheit Fälle schweren sexuellen Missbrauchs, für die dieser Betrag inakzeptabel erscheint", sagte er. Die jüngsten Beschlüsse der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda seien in dieser Frage unklar. Aus der Beschlussfassung erschließe sich ihm nicht, ob ein Bistum nicht auch mehr als 50 000 Euro pro Opfer zahlen könnte. "Wenn es hier eine Deckelung geben sollte, sollte das letzte Wort dazu hoffentlich noch nicht gesprochen sein."

Zudem mahnte der Unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs an, dass die Bischöfe die Beschlüsse einheitlich ab Januar 2021 umsetzen. "Die Bischöfe müssen jetzt dafür sorgen, dass ihr neues System der Anerkennungsleistungen tatsächlich wie beschlossen ab Januar greift." Auf die Frage, ob Bischöfe für den Missbrauchsskandal Verantwortung übernehmen müssten, antwortete Rörig, von einem Rücktritt um des Rücktritts willen halte er nichts, es gehe um individuelles Fehlverhalten. "Wenn aber zum Beispiel ein Bischof von Fällen sexuellen Missbrauchs Kenntnis hatte und nicht mithalf, ihn zu beenden, oder wenn er Täter insgeheim in ein anderes Bistum versetzen ließ, dann hat er schwere Schuld auf sich geladen und sollte seinen Rücktritt anbieten", sagte er. "Hier ist auch der Papst gefragt und in der Pflicht. Das ist auch das, was Betroffene zu Recht fordern - dass einem Schuldeingeständnis ein konsequenter Schritt folgt."

Derzeit wird dem Hamburger Erzbischof Stefan Heße vorgeworfen, Missbrauchsfälle während seiner Zeit als Personalchef und Generalvikar in Köln nicht ausreichend aufgearbeitet zu haben. Heße bestreitet das. Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative "Eckiger Tisch" sagte der Augsburger Allgemeinen dazu: "Für mich kann Erzbischof Stefan Heße sein Amt nicht mehr glaubwürdig ausfüllen - weder im Umgang mit den Betroffenen noch mit Blick auf die Aufarbeitung. Ich denke, dass er über kurz oder lang zurücktreten wird müssen."

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SZ vom 16.10.2020 / KNA
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