Italien:Madonna mia!

Italien: In Italien können sich die Steuerzahler aussuchen, ob sie ihr Geld lieber der Kirche oder anderen Organisationen geben wollen: Statue in Roms ältester Marienkirche Santa Maria Maggiore.

In Italien können sich die Steuerzahler aussuchen, ob sie ihr Geld lieber der Kirche oder anderen Organisationen geben wollen: Statue in Roms ältester Marienkirche Santa Maria Maggiore.

(Foto: imago stock&people)

In Italien wirbt die katholische Kirche mit einer teuren Kampagne um die Unterstützung der Steuerzahler - obwohl sie doch immer behauptet, dass ihre Akzeptanz ungebrochen sei.

Von Marc Beise, Rom

"Tue eine Tat der Liebe" - diese Botschaft hat sich die italienische Bischofskonferenz gerade eine Million Euro kosten lassen. Professionell aufbereitet von einer erfahrenen Werbeagentur und aktuell zu sehen in Presse, Funk und Fernsehen. Se fare un gesto d'amore: Die Initiative zielt auf die Einkommensteuer. Otto per mille, acht von tausend, hätte die italienische katholische Kirche gerne, das waren zuletzt rund eine Milliarde Euro im Jahr. Das Ganze ist bitte nicht zu verwechseln mit dem Haushalt des Vatikans, der sich unter anderem aus Zahlungen der nationalen Kirchen speist.

In Deutschland, wo es wesentlich weniger Katholiken gibt, sind die Steuereinnahmen für die katholische Kirche sechsmal so hoch wie im Mutterland Italien: 6,7 Milliarden Euro waren es im Jahr 2021. Die werden bekanntlich vom Staat zwangseingezogen und weitergeleitet, und man kann dem nur entgehen, indem man aus der Kirche austritt. Das wiederum tun tatsächlich immer mehr deutsche Katholikinnen und Katholiken, was auch mit einer allgemeinen Akzeptanzkrise zu tun hat und die Forderung nach einer Erneuerung der Kirche unterfüttert.

Im Vatikan verbittet man sich, die deutsche Entwicklung zu verallgemeinern

Über dieses Thema allerdings liegen die reformwilligen deutschen Katholiken und Bischöfe mit dem Vatikan heillos über Kreuz. Gerade erst hat der Kurienerzbischof Fortunatus Nwachukwu richtig Dampf abgelassen. "Die Weltkirche denkt anders und erlebt den Glauben nicht so, wie man es aus dem deutschsprachigen Raum momentan hört", sagte der Kirchenmann aus Nigeria, den der Papst zum Sekretär in der Evangelisierungsbehörde gemacht hat, und er fordert nichts Geringeres als einen Perspektivwechsel: "Früher brachte Europa dem afrikanischen Kontinent den Glauben, heute kann Afrika einen lebendigen und treuen Glauben zurückgeben."

In Vatikan-Kreisen heißt es gerne, die Deutschen hätten halt das Problem, dass wegen der schrumpfenden Kirchensteuer und der rasant steigenden offiziellen Zahlen der Kirchenaustritte eine Akzeptanzkrise behauptet und unzulässig verallgemeinert werde: Andere Länder hätten diese Probleme nicht. Aber auch Italien hat einen steuerlich manifesten Makel, allerdings muss man genauer hinschauen. Es müssen nämlich alle Einkommensteuerpflichtigen - unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit - 0,8 Prozent der Steuer, die sie ohnehin entrichten müssen, für soziale und kulturelle Zwecke abgeben, otto per mille, und jeder Steuerzahler kann entscheiden, für wen.

Das Geld kann an die katholische Kirche gehen, aber eben auch stattdessen an evangelische, jüdische, hinduistische und buddhistische Adressaten oder sogar an den Staat. Da mag es die katholische Kirche auf den ersten Blick beruhigen, dass sie immer noch von 70 Prozent der Steuerpflichtigen ausgewählt wird; auf Platz zwei folgt der Staat (24 Prozent). Nur betrifft das, und da liegt der Schönheitsfehler, lediglich jene Minderheit von 40 Prozent, die überhaupt einen Träger angibt. Die anderen 60 Prozent lassen die Spalte offen; ihr Anteil wird dann unter allen Institutionen verteilt.

70 Prozent von 40 Prozent, damit kann die Bischofskonferenz in einem Land mit 80 Prozent Katholiken nicht zufrieden sein, weshalb sie so dringend bittet: "Tue eine Tat der Liebe." Und bitte eine, die der katholischen Kirche zugutekommen möge.

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