Katholische Kirche:Inhaltliche Bedenken

Die katholische Kirche lockert das Arbeitsrecht. So soll beispielsweise eine Scheidung künftig kein Kündigungsgrund mehr sein. Die Liberalisierung kommt nicht überall gut an - manche Bistümer verweigern die Umsetzung.

Von Matthias Drobinski

Der Brief schien das Ende des Arbeitsverhältnisses zu bedeuten: "Ich werde im Juli meine Freundin heiraten", schrieb die Leiterin eines Schülerhortes im oberbayerischen Holzkirchen im Frühjahr an die Eltern der Einrichtung. Doch weil der Hort von der katholischen Caritas getragen sei und eine lesbische Lebenspartnerschaft nicht mit der Grundordnung des kirchlichen Dienstes vereinbar sei, müsse sie die Leitung leider abgeben. Es war dann wie so oft in solchen Fällen: Eltern kritisierten die katholische Kirche empört als lebensfremd, die Grünen im bayerischen Landtag stellten das Staat-Kirche-Verhältnis infrage.

Doch nun klingt alles ganz anders: Die Auflösung des Arbeitsvertrages ist zurückgenommen, nach einer Auszeit wird die Hortleiterin wieder an ihrer alten Stelle arbeiten. Die Frau aus Oberbayern, die ihre Freundin geheiratet hat, dürfte die erste sein, der das neue Arbeitsrecht in der katholischen Kirche hilft, das von diesem 1. August an in fast allen deutschen Bistümern gilt. Ihm zufolge kann kirchlichen Mitarbeitern, die gegen die Loyalitätspflicht verstoßen, nur noch dann gekündigt werden, wenn der Verstoß ein besonderes Ärgernis erregt. Und da die Erzieherin immer loyal gewesen sei, und es keinen Anlass zum Ärger gebe, sei auch der Grund für die Kündigung weggefallen, zitiert die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) Hans Lindenberger, den Caritasdirektor im Erzbistum München.

Solche Fälle hatten die Bischöfe im Blick gehabt, als sie Ende April das kirchliche Arbeitsrecht liberalisierten. Auch bisher gab es keine automatische Kündigung, wenn Geschiedene wieder heirateten oder Homosexuelle eine Lebenspartnerschaft schlossen. Jetzt aber ist die Entlassung nur noch in Ausnahmen möglich, wenn ein Beschäftigter offen gegen die Kirche agitiert oder er eine besondere Leitungs- und Vertrauensposition innehat.

Drei Bischöfe setzen die neue Grundordnung nicht in diözesanes Recht um: Stefan Oster aus Passau, Rudolf Voderholzer aus Regensburg und Gregor Maria Hanke aus Eichstätt haben kirchenrechtliche und praktische Bedenken angemeldet. Eine Gruppe Passauer Priester hat nun Oster aufgefordert, sich einen Ruck zu geben. Das alte Recht begünstige "Angst, Heimlichtuerei und Denunziation", heißt es in ihrem Brief.

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