Süddeutsche Zeitung

Katholische Kirche:"Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben"

Franziskus hatte in der Vergangenheit schon öfter unterstützende Worte für die LGBTQ-Gemeinde gefunden - doch zum ersten Mal spricht er sich ausdrücklich für eine rechtlich-verbindliche Partnerschaft aus.

Von Annette Zoch

Papst Franziskus hat sich in einem Dokumentarfilm für rechtlich anerkannte Partnerschaften für homosexuelle Paare ausgesprochen. "Homosexuelle haben das Recht, in einer Familie zu leben", sagte er in dem Film. Sie seien Kinder Gottes. "Was wir benötigen, ist ein Gesetz, das eine zivile Partnerschaft ermöglicht." Gleichgeschlechtliche Paare sollten "rechtlich abgesichert" sein. Er bezog sich dabei aber nicht auf ein konkretes Land.

Franziskus hatte in der Vergangenheit schon öfter unterstützende Worte für die LGBTQ-Gemeinde gefunden - doch zum ersten Mal spricht er sich ausdrücklich für eine rechtlich-verbindliche Partnerschaft aus. Damit weicht der Pontifex von der katholischen Haltung ab. Noch 2003 befand die Glaubenskongregation: "Nach der Lehre der Kirche kann die Achtung gegenüber homosexuellen Personen in keiner Weise zur Billigung des homosexuellen Verhaltens oder zur rechtlichen Anerkennung der homosexuellen Lebensgemeinschaften führen." Präfekt der Glaubenskongregation war damals Kardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. In seinem Pontifikat sprach Benedikt im Zusammenhang mit der Homo-Ehe von einer "Selbstzerstörung des Menschen und der Zerstörung von Gottes Werk selbst".

Bischöfe und Kardinäle hatten schon früher gesagt, dass Homosexuelle seitens des Staates Rechtssicherheit bräuchten

Die neuen Aussagen von Papst Franziskus fallen in dem Dokumentarfilm "Francesco" des russischen Regisseurs Jewgeni Afinejewski. Mit diesen Sätzen kommentiert Franziskus im Film den Bericht eines homosexuellen Mannes von seiner Partnerschaft und seinen drei Kindern. Diese hatten ihm zuvor über ihre Angst geschrieben, in ihrer Pfarrei in Rom nicht akzeptiert zu werden. Der Gesprächspartner, Andrea Rubera, ist Sprecher von "Cammini di speranza", einer christlichen LGBT-Bewegung. Der Film hatte auf dem Filmfestival in Rom Premiere.

In der Vergangenheit hatten sich schon öfter katholische Bischöfe und Kardinäle dahingehend geäußert, dass Homosexuelle seitens des Staates Rechtssicherheit bräuchten. Dass sich aber nun auch das Kirchenoberhaupt so deutlich äußert, dürfte weltweit Aufsehen auslösen. "Es ist das erste Mal, dass der Papst so ein klares Statement abgibt", sagte James Martin, ein in den USA bekannter Jesuitenpater und Vorkämpfer eines besseren Verhältnisses zwischen Homosexuellen und Kirche, der Washington Post. "Ich denke, das ist ein deutlicher Schritt vorwärts." Wenn der Papst positiv über Lebenspartnerschaften spreche, sei das eine "starke Botschaft an Orte, an denen sich die Kirche gegen solche Gesetze ausgesprochen hat", erklärte Martin. Hingegen sagte der konservative Bischof von Providence im US-Bundesstaat Rhode Island, Thomas Tobin, die Kirche könne eine Akzeptanz solcher "objektiv unmoralischen" Beziehungen nicht akzeptieren. Der Papst solle sich erklären. Regisseur Afinejewski sagte der Agentur AP zufolge nach der Premiere des Franziskus Films, er sei überrascht für welchen Wirbel die Aussagen des Papstes gesorgt haben. Franziskus habe nicht versucht, die Kirchenlehre zu ändern, sondern nur seine Meinung zum Ausdruck gebracht, dass Homosexuelle die gleichen Rechte haben sollten wie Heterosexuelle.

Bereits im ersten Jahr seines Pontifikats hatte Franziskus auf dem Rückflug vom Weltjugendtag in Brasilien auf die Frage eines Journalisten zur Haltung der Kirche zu Homosexuellen gesagt: "Wer bin ich, dass ich urteile", und sich damit deutlich von seinen Vorgängern abgesetzt. Im Film macht Franziskus aber auch klar: Es bleibt beim katholischen Verständnis, wonach eine Ehe nur zwischen Mann und Frau bestehen kann, mit der Offenheit für Nachwuchs. Als in seinem Heimatland Argentinien 2010 die Homo-Ehe eingeführt wurde, hatte Franziskus dies als damaliger Erzbischof von Buenos Aires einen "Schachzug des Teufels" genannt. Die zuvor in Argentinien geltende eingetragene Partnerschaft duldete er hingegen. Die Homo-Ehe wird es also mit dem Vatikan weiter nicht geben.

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