Süddeutsche Zeitung

Katholiken-Kongress in Fulda:Zentralrat protestiert gegen Hermans Auftritt

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Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den jüngsten Auftritt der früheren TV-Moderatorin Eva Herman heftig kritisiert. "Angesichts der hässlichen Häufung von kritikwürdigen Vorfällen" müsse der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, ein "klärendes Wort" sprechen.

Der Zuspruch eines katholischen Kongresses für die wegen ihrer NS-Äußerungen umstrittene Ex-Moderatorin Eva Herman ist beim Zentralrat der Juden in Deutschland auf scharfe Kritik gestoßen. Dies bedeute "nicht nur ein Armutszeugnis für die Teilnehmer, sondern auch eine Ohrfeige für all diejenigen, die sich über 60 Jahre in der Aufarbeitung der Nazi-Diktatur engagiert haben", erklärte Zentralratsvizepräsident Dieter Graumann am Dienstag in Berlin.

Die 48-jährige Herman hatte am Wochenende als Gastrednerin vor dem "Forum Deutscher Katholiken" über das "Selbstverständnis der Frau" gesprochen. Der Bild-Zeitung zufolge wurde sie von Kongressleiter Alois Konstantin Fürst zu Löwenstein als "tapfere Frau" begrüßt, die gegen das "öffentliche Geheul" anstimme.

Der Applaus der katholischen Laien ist umso erstaunlicher, als dass die vergangenen Wochen und Monate für Eva Herman nicht erfreulich waren: Mit ihren höchst umstrittenen Thesen zur Emanzipation hatte sich die Moderatorin zunächst bei Freunden wie Feinden gleichermaßen unbeliebt gemacht. Als die ehemalige Tagesschau-Sprecherin bei der Präsentation ihres neuen Buches "Das Prinzip Arche Noah" auch noch unglückliche Formulierungen zur Familienpolitik der Nationalsozialisten zum Besten gab, reichte es selbst ihrem ehemaligen Arbeitgeber. Der NDR sprach die fristlose Kündigung aus.

"Hässliche Häufung von kritikwürdigen Vorfällen"

Zentralrats-Vizepräsident Graumann erklärte, der Sender habe sich "völlig zu Recht" von Herman getrennt, "nicht etwa weil sie die Grundwerte von Ehe, Familie und Kindern propagierte, sondern weil sie den Ursprung dieser Werte in direkten Zusammenhang mit nationalsozialistischer Familienideologie brachte und diese damit teilweise verherrlichte".

Angesichts der "hässlichen Häufung von kritikwürdigen Vorfällen - die wirren Vergleiche des Kölner Kardinals Joachim Meisners mit entarteter Kunst, die Ausfälle während der Israel-Reise der Bischofskonferenz im Sommer sowie der jetzige Vorfall" erwarte der Zentralrat jetzt ein "klärendes Wort" vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann.

Der Kongress am Wochenende hat wohl ein anderes Bild von Herman: Laut Bild-Zeitung jubelten ihr beim "Forum Deutscher Katholiken" in Fulda etwa 700 Menschen zu und lobten die geschasste Moderatorin für ihre politische Standhaftigkeit.

Der Boulevardzeitung zufolge sprach sich Herman in ihrer etwa 40-minütigen Rede erneut für Werte wie Familie, Liebe und Kinder aus. Darüber hinaus rechnete sie mit ihren Kritikern ab: "Sofern jemand das Wort erhebt und sich für diese Werte einsetzt, wird er bombardiert. Es wird Nazi-Lob in ihn projiziert und gleichzeitig wird er als Sympathisant öffentlich verurteilt."

Absage des Ministers

Im Zuge des Kongresses erregte auch Hessens Wirtschaftsminister Alois Rhiel Aufsehen: Als Schirmherr der Veranstaltung soll Rhiel bereits vor Wochen darauf gedrungen haben, Eva Herman von der Rednerliste zu streichen. Als die katholischen Laien seiner Forderung nicht folgten, legte Rhiel die Schirmherrschaft im Vorfeld der Veranstaltung nieder.

Auf Nachfrage von sueddeutsche.de wollte Rhiel seinen Rückzug nicht kommentieren. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte lediglich, dass der Minister die Schirmherrschaft "trotz seines persönlichen Glaubens" abgegeben habe. Weil Rhiel aber "in erster Linie Wirtschaftsminister" sei, wolle er den Vorfall nicht näher erläutern.

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