Süddeutsche Zeitung

Katholiken in CSU und CDU:Schisma in der Union

Nach drei Monaten spalten sich die Katholiken der CSU von ihren CDU-Glaubensgenossen ab und gründen ein eigenes Forum. Die Bayern werden der Kanzlerin weniger kritisch gegenübertreten.

Kassian Stroh

Eigentlich wollten sie die Union gemeinsam katholisch machen. Doch nach nur drei Monaten gehen die "engagierten Katholiken" von CDU und CSU getrennte Wege. Für Anfang März lädt der frühere bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) seine Mitstreiter zu einem Gründungstreffen der "ChristSozialen Katholiken (CSK) in der CSU".

Bislang marschierten die gemeinsam mit ihren CDU-Gesinnungsgenossen im "Arbeitskreis Engagierter Katholiken" (AEK). Dessen Initiator, der Publizist Martin Lohmann, begründet die Trennung damit, dass man den "Wunsch nach bayerischer Eigenständigkeit unterschätzt" habe. Goppel wiederum spricht vor allem von organisatorischen und satzungsrechtlichen Fragen, denn man wolle nicht wie Lohmann einen eigenen Verein gründen, sondern verstehe sich als Kreis innerhalb der Partei. "Inhaltlich gibt es keine Differenzen", sagt Goppel.

"Geburtshilfe" von Seehofer

Wohl aber strategische. Denn während Lohmann, der nach eigenen Angaben im AEK mehr als 1000 Mitstreiter gesammelt hat, häufig mit scharfen Worten den Kurs der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel kritisiert, haben sich Goppel und die Seinen um Einvernehmen mit ihrer Parteispitze bemüht. Dies sei "im AEK noch nicht so gelungen", sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis, neben Goppel der wichtigste Initiator der CSK.

Parteichef Horst Seehofer steht hinter dem Ansinnen; in der CSU-Vorstandssitzung am 8. März werde er "Geburtshilfe" für die CSK leisten, kündigt Goppel an. Entsprechend wohlwollend wertet die CSU den Schritt offiziell. "Ich unterstütze diese Initiative", sagt Generalsekretär Alexander Dobrindt.

Auch der Sprecher des Evangelischen Arbeitskreises in der CSU, Parteivize Ingo Friedrich, sagt, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem CSK - komme darin doch "die zunehmende Bedeutung christlicher Werte zum Ausdruck". Die CSK-Gründung wird in der CSU indes auch kritisch gesehen: Der für die Beziehungen zur katholischen Kirche zuständige CSU-Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer hält sie "nicht für erforderlich"; er werde nicht mitarbeiten.

Eine "Staubkruste"

Dem Gegenargument, die CSU sei doch nicht unkatholisch - nicht einmal ein Viertel der Mitglieder sind Protestanten -, entgegnet Goppel: "Die katholische Stimme wurde in der Union lange Jahre nicht artikuliert, weil jeder geglaubt hat, sie sei ohnehin da." So aber habe eine "Staubkruste" angesetzt, zunehmend kämen auch der CSU katholische Wähler abhanden.

Auch Dobrindt sagt: "Da geht es nicht darum, Defizite auszugleichen, sondern einem Feld, das uns Basis ist, einen zusätzlichen Fokus zu geben." Goppel versteht die CSK vor allem als Diskussionszirkel, der auch zu aktuellen Fragen Stellung beziehen wolle, etwa in der Stammzellenforschung oder beim Adoptionsrecht für Homo-Paare. Diese bezeichnet er als "die, die sich aus dem normalen Lauf der Familie ausklinken wollen".

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SZ vom 17.02.2010
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