Die separatistischen Parteien haben bei der vorgezogenen Parlamentswahl in der spanischen Region Katalonien Hochrechnungen zufolge ihre Parlamentsmehrheit eingebüßt. Nach Auszählung von rund 90 Prozent der Stimmen kamen die Parteien nur auf 62 der 135 Parlamentssitze. Großer Gewinner der Wahl am Sonntag war demnach die sozialistische Partei, die neun Sitze hinzugewinnen konnte und mit Abstand stärkste Kraft wurde.
Prognosen aufgrund von Nachwahlbefragungen, die direkt nach der Schließung der Wahllokale veröffentlicht worden waren, hatten noch eine Mehrheit für die Separatisten vorhergesagt. Die Sozialisten mit ihrem Spitzenkandidaten Salvador Illa konnten sich nach diesen Hochrechnungen des TV-Senders RTVE von 33 Sitzen auf 41 verbessern. Der separatistische frühere Regierungschef Carles Puigdemont kam mit seiner Partei Junts auf 36 Sitze, vier mehr als bei der vorangegangenen Wahl 2021. Der bisherige ebenfalls separatistische Regierungschef Pere Aragonès mit seiner linken Partei ERC sackte von 33 Sitzen auf nur noch 20 ab. Spaniens größte Oppositionspartei, die konservative PP, die traditionell in Katalonien einen schweren Stand hat, verbesserte sich erheblich um elf Sitze auf nun 14.
Die Wahl galt als Plebiszit über die umstrittene Amnestie für Separatisten
Die rechtspopulistische Vox hielt ihr Ergebnis mit elf Sitzen. Das linksalternative Bündnis Comuns-Sumar, das in Madrid mit den Sozialisten zusammen regiert, kam auf sechs Sitze (minus 2), die linke separatistische CUP sackte auf vier Sitze ab (minus 5) und die neue, äußerst rechte separatistische Alianca Catalana schickt zwei Abgeordnete ins Parlament in Barcelona.
Im Wahlkampf standen zwar Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik im Vordergrund. Die Wahl galt aber auch als Plebiszit über die umstrittene Amnestie für Separatisten. Sie soll nach Worten von Spaniens sozialistischem Regierungschef Pedro Sánchez den Katalonien-Konflikt entspannen und den Separatisten den Wind aus den Segeln nehmen. Ihr nun gesunkener Stimmenanteil ist ein Erfolg für Sánchez, der im Rest des Landes heftiger Kritik an seinem nachgiebigen Katalonienkurs ausgesetzt ist.
Kritiker aus dem konservativen Lager werfen Sánchez politische Korruption vor, weil er sich mit der Amnestie die Zustimmung separatistischer Abgeordneter bei seiner Wiederwahl im Parlament in Madrid im vergangenen Herbst erkauft habe. Zudem gefährde er die territoriale Einheit Spaniens, indem er seine Minderheitsregierung von Separatisten abhängig gemacht habe, die ihn damit zwingen könnten, doch noch einem Unabhängigkeitsreferendum zuzustimmen.
Katalonien war im Herbst 2017 nach einem illegalen Unabhängigkeitsreferendum und einem anschließenden Beschluss zur Abspaltung von Spanien 2017 ins Chaos gestürzt. Puigdemont konnte mit weiteren Regierungsmitgliedern ins Ausland fliehen. Mehrere der im Land gebliebenen Mitstreiter wurden zu Haftstrafen von bis zu 13 Jahren verurteilt, inzwischen aber begnadigt. Unter den Folgen des chaotischen Trennungsversuches - darunter politische Instabilität sowie eine Unternehmens- und Kapitalflucht - leidet Katalonien noch heute.