Süddeutsche Zeitung

Katalonien:Solidarische Separatisten

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In Barcelona gehen hunderttausende Demonstranten auf die Straße.

Von Thomas Urban, Madrid

Mehrere Hunderttausend Demonstranten haben am Samstag in Barcelona die Freilassung der zwölf katalanischen Politiker und Aktivisten gefordert, denen derzeit vor dem Obersten Gericht in Madrid der Prozess wegen Rebellion, Ungehorsam im Amt sowie Veruntreuung öffentlicher Mittel gemacht wird. Den Demonstrationszug führte der katalanische Regionalpräsident Quim Torra an. Sein Vorgänger Carles Puigdemont, der im Exil in Waterloo bei Brüssel lebt, sprach von einer "machtvollen Kundgebung gegen Ungerechtigkeit". Die Polizei in Barcelona gab die Zahl der Teilnehmer mit 200 000 an, die Organisatoren sprachen von einer halben Million. Für Donnerstag kündigten sie einen Generalstreik in der Region an.

Die Kundgebung war die Antwort auf eine Demonstration von rund 50 000 Anhängern der Parteien aus dem rechten Spektrum in Madrid am vergangenen Sonntag. Unter dem Motto "Für die Einheit Spaniens" hatten sie eine sofortige Absetzung der Regionalregierung in Barcelona gefordert. Weil der sozialistische Premierminister Pedro Sánchez stattdessen mit Torra über eine Beilegung des Konflikts verhandelte, brachte er die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament zu Madrid gegen sich auf. Sie stimmten am Mittwoch gegen seinen Haushaltsentwurf und erzwangen auf diese Weise vorgezogene Parlamentswahlen. Sie sollen, wie Sánchez angekündigt hat, am 28. April stattfinden.

In Barcelona zeichnet sich angesichts des bevorstehenden Wahlkampfs ein Riss im Lager der Separatisten ab. Während das rechtsliberale Bündnis "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat) um Torra und Puigdemont weiterhin von Madrid die Zustimmung zu einem erneuten Unabhängigkeitsreferendum für die Region verlangt, sehen führende Vertreter der traditionsreichen Linksrepublikaner (ERC) die Zeit "noch nicht reif" für die Unabhängigkeit. So äußerte sich wiederholt auch der ERC-Vorsitzende Oriol Junqueras, der frühere katalanische Vizepremier, der nun Hauptangeklagter im Madrider Prozess ist.

Junqueras, dem 25 Jahre Gefängnis drohen, hat dem früheren Premier Puigdemont vorgeworfen, aus dem Lande geflohen zu sein, statt sich seiner Verantwortung für die Politik des damaligen Kabinetts zu stellen. Die drei separatistischen Fraktionen haben bei den Regionalwahlen 2017 nur 47 Prozent der Wähler hinter sich gebracht, errangen damit aber 70 der 135 Mandate.

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SZ vom 18.02.2019
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