Seit Wochen hatten die nationale Polizei und wohl auch der spanische Geheimdienst nach den Wahlurnen für das Referendum gesucht. Am Freitag präsentierte die Führung in Barcelona ein Exemplar. Die Urnen sind transparent und tragen das Logo der Regierung Kataloniens.
Die Urnen aus der Jesuskind-Schule werden am Sonntagvormittag beschlagnahmt; die Polizisten bringen sie gemeinsam mit den Stimmzetteln an sich und nehmen die Personalien des Wahlvorstands auf. Eine Richterin in Madrid hatte auf Antrag der Zentralregierung jedem, der sich an der Durchführung des Referendums beteiligt, ein Bußgeld in Höhe von 3000 Euro angedroht.
Begleitet von einem Pfeifkonzert der Menge verlassen die Polizisten die Schule, die beschlagnahmten Gegenstände in schwarzen Plastiksäcken verstaut. Dann fährt die Kolonne weiter, vermutlich zum nächsten Wahllokal. Allein in Barcelona sollte an 163 Orten abgestimmt werden.
Um elf Uhr am Sonntagvormittag erklärt ein Sprecher der Regierung in Barcelona, dass noch 73 Prozent der Wahllokale in ganz Katalonien geöffnet seien. Am Vortag hatte allerdings die Guardia Civil, die nationale Polizeitruppe, das Rechenzentrum der Regionalregierung in Barcelona besetzt. Auf diese Weise sollte offenbar verhindert werden, dass das Wahlergebnis ermitteln werden kann.
In vielen Wahllokalen, in Barcelona, aber auch in vielen anderen Städten und Gemeinden, wachten Bürgergruppen in der Nacht zum Sonntag darüber, dass die Gebäude nicht von der nationalen Polizei besetzt und versiegelt würden. Offiziell waren in den Schulen und Gemeindezentren, die als Wahllokale vorgesehen waren, Kulturnächte angesetzt: Lesen, Basteln, Filmvorführungen, Singen, Konzerte, Theater. Viele der Teilnehmer kamen mit Schlafsäcken zu den "Kulturnächten". Doch am frühen Sonntagvormittag fahren an vielen Orten Polizeiwagen vor.
Aus Girona im Norden der Region wird berichtet, dass die Wagenkolonne Puigdemonts von rund 50 Polizisten an der Fahrt zu seinem Wahllokal gehindert wird. Puigdemont war früher Bürgermeister der Stadt, die als Hochburg der Catalanistas gilt, die für die Sezession vom Königreich Spanien eintreten. Puigdemont wählt später unbehelligt in einem Nachbarort.