Katalonien:Polizei will falschen Puigdemont in Madrid verhaften

Katalonien: Mit katalanischer Flagge im Vergnügungspark: Komiker Joaquin Reyes spielt Carles Puigdemont.

Mit katalanischer Flagge im Vergnügungspark: Komiker Joaquin Reyes spielt Carles Puigdemont.

(Foto: El Intermedio)

Ein Komiker gibt sich in einem Vergnügungspark als katalanischer Präsident aus. Es ist nicht das erste Mal, dass Puigdemont zum Ziel spanischer Satire wird.

Von Thomas Urban, Madrid

Für die Sicherheitsbehörden lag die Sensation in der Luft, ein politischer Coup zeichnete sich ab: Der abgesetzte katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont ist auf geheimen Wege aus dem Brüsseler Exil in einen Madrider Vorort gekommen und gibt einem Fernsehsender ein Interview. Dies hatte ein Spaziergänger aufgeregt einer Polizeistation gemeldet. Sofort rückten sechs Polizisten - zwei Frauen und vier Männer - aus, um den steckbrieflich gesuchten "Rebellen", der gegen die spanische Verfassung verstoßen hat, dingfest zu machen.

Als die Polizisten im Vergnügungspark der Gemeinde Torrejón De Ardoz zehn Kilometer östlich von Madrid eintrafen, erblickten sie rasch Puigdemont. Er schwenkte provokativ eine Estelada, die Fahne der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, während er gefilmt wurde. Attraktionen des Parks sind Nachbildungen von Sehenswürdgkeiten, darunter der Eiffelturm und die Tower Bridge. Puigdemont stand vor dem Brüsseler Atomium und machte keine Anstalten, vor den Polizisten zu fliehen, die die Handschellen bereits ausgepackt hatten. Doch dann merkten diese sehr rasch, dass es gar nicht der echte Puigdemont war. Vielmehr wies sich der Mann als der bekannte Fernsehsatiriker Joaquín Reyes aus, der immer wieder in die Rollen von Politikern schlüpft. Zuletzt hatte er sich den Regierungschef Mariano Rajoy, Puigdemonts schärfsten Widersacher, vorgenommen.

Der Privatsender La Sexta drehte einen satirischen Sketch mit Puigdemont alias Reyes, in dem dieser auch rhythmisch zur katalanischen Hymne herumhüpft. Die Sendung wird am Montag ausgestrahlt. Einige Szenen gibt es schon vorab zu sehen:

Der echte Puigdemont residiert weiterhin gemeinsam mit vier anderen Verfechtern der Abspaltung Kataloniens vom Königreich Spaniens in einem angemieten Haus im Brüsseler Vorwort Waterloo, was bereits der Anlass vieler satirischer Kommentare war. Nach wie vor hält er an dem Abspruch fest, sein eigener Nachfolger zu werden. Seine Absetzung als Regionalpräsident durch die Zentralregierung unter Rajoy Ende Oktober sei ein Rechtsbruch gewesen.

Sein Anspruch blockiert indes die Regierungsbildung in Barcelona nach den vorgezogenen Regionalwahlen im Dezember, bei denen die Sezessionisten ihre knappe Mehrheit der Sitze verteidigt, allerding nur 47 Prozent der Stimmen bekommen hatten. Das liberalkonservative Bündnis "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat) hält an Puigdemont fest, während die zweite große Fraktion der Sezessionisten, die Linksrepublikaner, eine andere Lösung suchen. Gelingt innerhalb der nächsten drei Wochen keine Regierungsbildung, stehen erneut Wahlen in Katalonien an.

Puigdemont ist für einen Großteil der spanischen Öffentlichkeit eine Hassfigur geworden. Die Gefühlt, die er auslöst, wurden auch im Karneval thematisiert. So sorgte ein Sketch mit Gesang im traditionellen Karnaval der andalusischen Hafenstadt Cádiz für eine Debatte über die Grenzen der Satire, die bis heute anhält. In dem Sketch werden mehrere Todeskandidaten, die als Puigdemont geschminkt sind, von furchterregenden Henkern in den Pranger gesteckt. Vor der Exekution bekommen die Delinquenten nicht wie üblich die Augen verbunden, vielmehr wird die spanische Nationalfahne über sie ausgebreitet. Dies veranlasste konservative Regionalpolitiker, den Karnevalisten die Herabsetzung eines Staatssymbols vorzuwerfen.

In der belgischen Gemeine Alost war beim Karnevalszug ein Wagen Puigdemont gewidmet. Die Hand auf dem Herzen blickte der Initator huldvoll auf das Volk herab, beschützt von Landsknechten in katalanischen Farben.

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