Katalonien:Gefragt ist: Fingerspitzengefühl

Spaniens Premierminister Mariano Rajoy muss den Dialog suchen, um die Staatskrise zu lösen.

Von Thomas Urban

So wie es aussieht, haben die Verfechter der katalanischen Unabhängigkeit die große Schlacht verloren, was eigentlich von Anfang an feststand. Denn sie hatten weder von außen noch von der Wirtschaft Unterstützung und nur knapp 40 Prozent der eigenen Bevölkerung hinter sich. Überdies haben die Träumer in Barcelona die Härte und Konsequenz der Regierung in Madrid völlig unterschätzt.

Zwar sprach am Wochenende alles dafür, dass die Separatisten sich trotz aller starken Worte in ihr Schicksal fügen. Ohne Finanzen, ohne Verwaltung, ohne Polizei gibt der abgesetzte Regionalpräsident Carles Puigdemont nur noch eine traurige Figur ab. Bei den bevorstehenden Neuwahlen wird wohl seine Partei untergehen. Doch ist keineswegs sicher, ob die depressive Stimmung bei den Separatisten anhält. Aus diesem Grund ist in diesen Tagen von der Regierung in Madrid, die die Kontrolle über Katalonien übernimmt, genau jenes Fingerspitzengefühl verlangt, das Premierminister Mariano Rajoy bisher vermissen ließ. Zuletzt hat Rajoy viel Anschauungsmaterial dafür geliefert, wie Dialogverweigerung in der Politik zu einer Staatskrise führen kann.

Es ist kein gutes Zeichen, dass Rajoy seiner Vertreterin Soraya Sáenz de Santamaría nun das Kommando in Barcelona übertragen hat, denn bei vielen Katalanen hat sie sich mit scharfen Sprüchen gründlich verhasst gemacht.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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