Karl-Heinz Kurras:Merkel befürwortet Pensionskürzung

Kanzlerin Merkel nennt eine Rentenkürzung des enttarnten Stasi-Spitzels und Ex-Polizisten Kurras "recht und billig".

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich dafür ausgesprochen, die Pension des früheren Westberliner Polizisten Karl-Heinz Kurras wegen seiner erst jetzt enthüllten Stasi-Mitarbeit zu kürzen.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel

(Foto: Foto: AP)

Früheren DDR-Bürgern seien die Bezüge auch gekürzt worden, sagte die CDU-Vorsitzende dem Spiegel. "Warum sollte das anders sein, wenn jemand im Westen für die Stasi gearbeitet hat? Das ist nur recht und billig." Die Entscheidung darüber liege aber beim Berliner Senat.

Kurras hatte am 2. Juni 1967 im Anschluss an eine Demonstration gegen den Schah von Persien vor der Deutschen Oper in Berlin den Studenten Benno Ohnesorg erschossen. Vor einer Woche war bekannt geworden, dass er von der Stasi als inoffizieller Mitarbeiter geführt wurde.

Polizei-Sport-Verein Berlin prüft Kurras' Auschluss

Die Enthüllung zeige, "dass die Staatssicherheit offensichtlich noch mehr Einfluss auf die politischen Vorgänge in der alten Bundesrepublik genommen hat, als viele sich das bisher vorgestellt haben", sagte Merkel.

Der Fall Kurras mache "noch einmal schlaglichtartig deutlich, dass die DDR natürlich an einer Destabilisierung der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet hat, sonst hätte sie einen solchen Mann nicht als IM geführt".

In der Debatte über eine groß angelegte Untersuchung des Einflusses der Stasi auf die Bundespolitik wollte sich Merkel nicht positionieren. "Darüber muss der Bundestag selbst befinden", sagte sie. "Er hat sich zuletzt vor drei Jahren damit beschäftigt und dagegen entschieden."

Die Abgeordneten aus Ostdeutschland seien schon mindestens zwei Mal überprüft worden und die CDU/CSU-Fraktion habe eine Überprüfung aller Mitglieder initiiert.

Kurras soll den Polizei-Sport-Verein Berlin (PSV) verlassen. Die Schießsportabteilung habe den Ausschluss beantragt, sagte PSV-Präsident Jörg Manske. Die neuen Erkenntnisse über die frühere Agententätigkeit des 81-Jährigen für die DDR-Staatssicherheit habe auch im PSV für Aufregung gesorgt. Der Ehrenrat werde sich in Kürze mit dem Fall befassen.

Kurras ist seit Jahrzehnten Mitglied bei den PSV-Sportschützen. Er war nach den Worten Manskes in den letzten Jahren aber nicht mehr sehr aktiv. Kurras galt seit seinen jungen Jahren als vom Schießen besessen.

"Den überwiegenden Teil seiner Freizeit verbringt er auf dem Schießstand", vermerkten seine Ost-Berliner Auftraggeber in seiner Stasi-Akte. Mitte der 1960er Jahre notierten seine Führungsoffiziere auch, dass Kurras den größten Teil seines Beamtengehalts und seines Agentenlohns für seine Waffensammlung ausgebe, allein 300 bis 400 Mark pro Monat für Munition.

Nach dem tödlichen Schuss auf Ohnesorg am Rande einer Demonstration bewertete die Stasi die Schießleidenschaft ihres Inoffiziellen Mitarbeiters dann intern als Charakterschwäche.

Erst in dieser Woche hatte Kurras der Polizei noch eine private Pistole vom Typ Walther P22 samt Munition ausgehändigt. Seine Dienstwaffe musste er bei seiner Pensionierung 1987 abgeben.

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