CDU-Bundestagsabgeordnete Reiche will in die Wirtschaft wechseln
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche möchte als Hauptgeschäftsführerin zum Verband kommunaler Unternehmen (VKU) wechseln. "Frau Reiche wird sich am Mittwoch beim VKU zur Wahl stellen", bestätigte Brandenburgs CDU-Landeschef Michael Schierack Medienberichte. Zunächst hatte die Bild-Zeitung über Reiches geplanten Wechsel in die Wirtschaft berichtet.
Beim VKU wird ein Nachfolger für Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck gesucht. Der frühere CDU-Generalsekretär und Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen geht Ende August in den Ruhestand.
Zu möglichen Konsequenzen für ihre Parteiämter nach einem Wechsel in den Verband habe sich Reiche nicht geäußert, sagte CDU-Landesgeschäftsführer Philip Gursch. Die 41-Jährige ist Kreisvorsitzende in Potsdam und Beisitzerin im Bundesvorstand der CDU. Sie ist außerdem Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium.
Allerdings müsste die 41-Jährige bei Übernahme des hauptberuflichen Chefpostens beim Lobbyverband VKU ihr Bundestagsmandat wohl niederlegen.
Debatte um Karenzzeiten
Ein Wechsel Reiches in die Wirtschaft könnte die Debatte um Karenzzeiten weiter befeuern. Das Bundeskabinett soll ebenfalls am Mittwoch einen Gesetzentwurf mit Sperrzeiten für ausscheidende Regierungsmitglieder beschließen, wie ein Sprecher des Innenministeriums sagte.
Nach den Plänen der schwarz-roten Koalition soll für einen Wechsel in die Wirtschaft künftig eine Karenzzeit von zwölf, in Sonderfällen von 18 Monaten gelten.
Die Organisation LobbyControl reagierte mit scharfer Kritik. "Bundeskanzlerin Angela Merkel muss Katherina Reiche und dem VKU klarmachen, dass ein Seitenwechsel ohne Karenzzeit nicht akzeptabel ist", meinte ein Sprecher. Die Organisation fordert drei Jahre Sperrzeit.
Probleme bei der Nachbesetzung
Mögliche Nachrückerin im Bundestag wäre eigentlich die brandenburgische CDU-Politikerin Andrea Voßhoff - sie ist aber Deutschlands oberste Datenschützerin. "Frau Voßhoff bleibt Bundesdatenschutzbeauftragte", sagte ihre Sprecherin. Ihr Amt und ein Bundestagsmandat seien auch nicht vereinbar. Voßhoff wäre nach Angaben der brandenburgischen CDU aber die Einzige auf der dortigen Landesliste, die für Reiche in den Bundestag nachrücken könnte.
Reiches Mann widmet sich stattdessen zu hundert Prozent der Politik
Der Fall um Reiche hat eine weitere Pointe: Während sie plant, sich aus der Politik zurückzuziehen, gibt ihr Ehemann, der Brandenburger CDU-Landtagsabgeordnete Sven Petke, seinen Managerposten beim Zughersteller Bombardier auf. "Ich finde es gut, dass er sich damit zu hundert Prozent für seine Arbeit als Landtagsabgeordneter entschieden hat", sagte der CDU-Fraktionschef im Potsdamer Parlament, Ingo Senftleben.
Petke hatte den Managerposten bei Bombardier im Juni angetreten und war nach der Landtagswahl im September über die Liste erneut ins Parlament eingezogen. Die anderen Parteien hatten dies wegen möglicher Interessenkonflikte zwischen der Arbeit als Landtagsabgeordneter und in der Wirtschaft heftig kritisiert.
Zum Ausscheiden von Petke erklärte Bombardier-Sprecher Immo von Fallois, das Unternehmen bedauere die Entscheidung des 47-Jährigen. "Er stand vor der Entscheidung, ganz zu uns oder ganz in die Politik zu gehen", sagte der Sprecher. "Wir wünschen ihm nun für seine politische Laufbahn alles Gute."
Ehrgeiziges Politikerpaar
Reiche und Petke sind seit 2003 verheiratet, das Paar hat drei Kinder. Beide gelten als durchaus ehrgeizig. Reiche wurde im Jahr 2002 vom damaligen Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber (CSU) ins Kompetenzteam berufen wurde. Die damals noch unverheiratete Schwangere sollte für Familienpolitik zuständig sein. Doch Stoiber unterlag damals Gerhard Schröder (SPD).
Streit um Direktkandidatur für Bundestag:Reiche gewinnt Kampfabstimmung der Potsdamer CDU
Zwei Kontrahentinnen hatten die Potsdamer CDU vor eine Zerreißprobe gestellt. Denn sowohl die langjährige Abgeordnete Katherina Reiche als auch die umstrittene Saskia Ludwig wollten als Kandidatin für die Bundestagswahl nominiert werden. Nun haben sich die Delegierten in einer Kampfabstimmung entschieden.
Für bundesweiten Wirbel sorgte Petke 2006 mit einer E-Mail-Affäre: Er wurde beschuldigt, als Generalsekretär der Landespartei die E-Mails von Vorstandsmitgliedern überwacht zu haben. Petke wies die Vorwürfe stets zurück, musste aber als Generalsekretär zurücktreten.