Kardinalsversammlung in Rom:Wie Franziskus die Kurie weniger europäisch macht

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Künftig sollen mehr Kardinäle für die Papstwahl aus Lateinamerika kommen. (Hier ein Archivbild aus dem Petersdom zum Beginn des Konklave im März 2013) (Foto: dpa)

Der ehemalige Regensburger Erzbischof Müller ist der einzige Deutsche, den der Papst am Samstag zu einem der neuen Kardinäle machen wird. Ansonsten wird Franziskus vor allem die Rolle der Lateinamerikaner im Kardinalskollegium stärken - denn ihre Länder haben den höchsten Anteil an Katholiken.

Von Andrea Bachstein

Papst Franziskus hat am Donnerstag die Beratungen des ersten Konsistoriums seines Pontifikats eröffnet. In Scharen strömten Kardinäle am Morgen zur Audienzhalle, über der die Tagungsräume liegen. Mehr als 160 Kardinäle aus aller Welt sind derzeit in Rom versammelt, Anlass ist die Erhebung neuer Kardinäle. Der Papst wird sie am Samstag in einer Messe im Petersdom vollziehen. 19 bisherige Erzbischöfe werden dann erstmals den Kardinalspurpur anlegen. Unter ihnen ist als einziger Deutscher der seit Mitte 2012 amtierende Präfekt der Kongregation für den Glauben, der ehemalige Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Wichtigster Mann unter den neuen Eminenzen ist der von Franziskus zum Staatssekretär des Vatikan ernannte, 59 Jahre alte Erzbischof Pietro Parolin, Nachfolger des umstrittenen Kardinals Tarcisio Bertone. Überraschend schnell erhalten zudem Erzbischof Lorenzo Baldisseri, Generalsekretär der Bischofskongregation, und der Präfekt der Kleruskongregation, Erzbischof Benjamino Stella, die Kardinalswürde. Diese drei Männer gehören zu den besonderen Vertrauten des Papstes bei seinen Plänen für eine Reform der römischen Kurie, zu denen die Stärkung der Beratungsfunktion der Bischöfe gehört.

Kardinalsernennungen drücken außerdem immer auch kirchenpolitische Vorstellungen aus. Ein Akzent, den der Papst aus Argentinien nun setzt, ist die Stärkung der Lateinamerikaner im Kardinalskollegium, weil ihre Länder den höchsten Anteil an Katholiken weltweit haben. Es passt auch zu Franziskus' Linie, die Kirche näher zu den Armen zu rücken. Unter den sechs neuen lateinamerikanischen Kardinälen ist sein Nachfolger als Oberhaupt der Diözese von Buenos Aires, Mario Aurelio Poli.

Nur die Hälfte der Kardinäle ist derzeit unter 80

Im Vergleich zu früheren Konsistorien sind weniger Italiener und Kurienmitglieder dabei. Insgesamt wird so das Kardinalskollegium, das die Päpste wählt, weniger europäisch, Vertreter des alten Kontinents hatten dort bislang die Mehrzahl. Die Kardinalserhebungen sind notwendig, weil im Februar die Zahl der Kardinäle gestiegen ist, die älter als 80 Jahre sind. Sie dürfen nicht mehr bei Papstwahlen dabei sein. 120 Kardinäle sollen dem Wahlkollegium angehören, derzeit sind nur 106 von 199 Kardinälen unterhalb der Altersgrenze. Auch drei der künftigen Kardinäle liegen bereits über ihr, für sie bedeutet der Titel vor allem Würdigung ihrer Verdienste. Der älteste von ihnen, der 98-jährige Loris Francesco Capovilla, einst Privatsekretär von Johannes XXIII., schafft es gar nicht mehr, nach Rom zu reisen.

In den Mittelpunkt der Kardinalsversammlung stellt Franziskus das Thema Familie. Die Bedeutung von Ehe und Familie hebt er häufig heraus, er unterstreicht damit sein seelsorgerisches Verständnis von Papstamt und Kirche - das sich auch bei der Wahl der neuen Kardinäle zeigt. Zur Begrüßung der Kardinäle am Donnerstag verlangte der Papst "intelligente und mutige" Seelsorge. "Wir werden die Theologie der Familie zu vertiefen suchen", sagte Franziskus. "Die Familie wird heute gering geschätzt, schlecht behandelt. Es ist an der Zeit zu erkennen, wie schön, wahr und gut es ist, eine Familie zu bilden."

"Vorsichtig mit konkreten Zeitangaben"

Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper, ehemaliger Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen und von Franziskus hochgeschätzt, hielt das Auftaktreferat mit dem Titel "Das Evangelium von der Familie". Kasper hatte in den vergangen Tagen angedeutet, man werde Überraschungen erleben mit den neuen Kardinälen. Im Vorfeld des Konsistoriums traf Franziskus sich diese Woche auch drei Tage lang mit dem von ihm eingesetzten Rat der acht Kardinäle, die Reformen der Kurie erarbeiten, diese schlanker und effizienter werden soll.

Das "K-8"-Gremium, dem auch Münchens Erzbischof Reinhard Kardinal Marx angehört, hat sich bislang vor allem mit der Zukunft des vatikanischen Geldinstitutes IOR und Institutionen wie der Güterverwaltung des Vatikan befasst. Franziskus, die acht Kardinäle und Staatssekretär Parolin trafen sich auch mit der eigens für das IOR eingesetzten Kommission. Welche Vorschläge dem Papst vorliegen, blieb vertraulich, Entscheidungen sollen keine gefallen sein. In einer Morgenandacht warnte Franziskus vor Ungeduld.

Auch der Sprecher des Papstes, Padre Federico Lombardi, sagte, man solle den Abschluss der seit Oktober laufenden Reformarbeit nicht zu früh erwarten. "Die Arbeit geht intensiv und ohne Zeit zu verlieren voran", der Papst wolle zu einer Schlussfolgerung kommen. Aber, so Lombardi, "ich wäre vorsichtig mit konkreten Zeitangaben".

© SZ vom 21.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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