Katholische Kirche:Woelki will "mit allen Kräften" weitermachen

Nach Rücktrittsgesuch Kardinal Marx - Woelki

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki - an diesem Sonntag in Worms - war durch das Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Marx weiter unter Druck geraten.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

An Rückzug nicht zu denken: Der heftig umstrittene Kölner Erzbischof hat für das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx "großen Respekt", will es ihm aber nicht gleichtun.

Von Annette Zoch, München

Kölns Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hat mit einer Videobotschaft auf das Rücktrittsgesuch seines Münchner Mitbruders, Kardinal Reinhard Marx, reagiert: Er habe "großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx, die er in diesen für die katholische Kirche schweren Zeiten als seine persönliche Konsequenz gezogen hat", sagte Woelki am Sonntag in einem kurzfristig aktualisierten "Wort des Bischofs" des Kölner Bistumssenders Domradio. Zugleich machte er klar: Er selbst denkt nicht an Rücktritt. Als Bischof trage er die Verantwortung, dass es anders werde, erklärte Woelki: "Mit allen Kräften will ich mich dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung weitergeht. Und ich will die Veränderungen vorantreiben."

Am Freitag war bekannt geworden, dass Marx dem Papst seinen Amtsverzicht als Erzbischof von München und Freising angeboten hatte. "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten", schreibt Marx in seinem Brief an Franziskus. Es gehe ihm um Mitverantwortung, sowohl für persönliches als auch für systemisches Versagen.

Die Diskussionen der letzten Zeit hätten gezeigt, dass manche in der Kirche "gerade dieses Element der Mitverantwortung und damit auch Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog im Zusammenhang mit der Missbrauchskrise ablehnend gegenüberstehen", so Marx. Dieser Satz kann als kaum verhohlene Kritik an Woelki verstanden werden.

Woelki entgegnete nun, er habe den Heiligen Vater bereits im Dezember des vergangenen Jahres gebeten, die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln sowie sein persönliches Handeln zu bewerten: "Damit habe ich mein Schicksal schon damals vertrauensvoll in die Hände des Papstes gegeben." Die im März veröffentlichte Untersuchung des Strafrechtlers Björn Gercke habe in Köln bereits "zu massiven Konsequenzen geführt", so Woelki.

Papst Franziskus hat schon das Rücktrittsgesuch des früheren Kölner Generalvikars und heutigen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße auf dem Schreibtisch liegen, er wird in dem Gutachten belastet. Auch zwei Kölner Weihbischöfe sind suspendiert. Eine Untersuchung für das Erzbistum München soll noch in diesem Jahr veröffentlicht werden. In Köln hat der Streit um das Gutachten zu einer tiefen Vertrauenskrise geführt. Papst Franziskus wollte dem nicht länger zusehen und hat zwei Ermittler, sogenannte Apostolische Visitatoren, nach Köln geschickt.

Die Kontrolleure des Papstes treffen diese Woche ein

Die Visitatoren, die Bischöfe Anders Arborelius aus Stockholm und Hans van den Hende aus Rotterdam, werden in dieser Woche in Köln erwartet. Sie sollen im Maternushaus gegenüber von Woelkis Residenz wohnen. Er hat keinen Einfluss darauf, mit wem die Bischöfe sprechen, sie sind nur dem Papst verpflichtet und verfassen am Ende einen geheimen Bericht. Nach Informationen des WDR haben die Visitatoren auch mit den beiden zurückgetretenen Sprechern des Betroffenenbeirats Termine vereinbart.

Allerdings sei längst nicht ausgemacht, dass am Ende der Rücktritt Woelkis steht, gibt der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke im Blog "Theosalon" zu bedenken: "Indem nur die Visitatoren den genauen Auftrag des Papstes kennen, hält der Papst daran fest, Probleme und Skandale ,in der Familie (Gottes)' und standesintern zu lösen." Selbst wenn am Ende der Visitation "alle betroffenen Hierarchen ihre Ämter verlieren und aus dem Domkapitel ausscheiden", schreibt Lüdecke, "muss Katholiken klar sein, was sich durch eine neue Person im Amt tatsächlich ändert. Warum handelt Kardinal Woelki, wie er es tut? Weil er es kann! Wenn sein Nachfolger sich vielleicht freundlicher, kommunikativer, kooperativer verhält, dann tut er dies, weil er es will, obwohl auch er jederzeit anders könnte. Der Austausch von Personen ändert am System nichts."

Und was geschieht nun mit Kardinal Marx? Die Vorsitzende der Unabhängigen Aufarbeitungskommission im Erzbistum München und Freising, Michaela Huber, rief Franziskus indirekt dazu auf, den Amtsverzicht abzulehnen. Ähnlich äußerte sich auch der oberste Laienvertreter der katholischen Kirche in Bayern, Joachim Unterländer. Der Kabarettist und bekennende Katholik Harald Schmidt sagte im Bayerischen Fernsehen, er als Theatermensch habe bei Marx durchaus auch Begeisterung über die eigene Person gespürt. Jetzt müsse abgewartet werden, wie der Vatikan reagiere. "Ob man sagt: Gut, Feldkaplan in der Diaspora, oder komm doch zu uns auf eine der Dachterrassen in Rom."

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