Katholische Kirche:Marx wird fehlen

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Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), steht auf der Pressekonferenz vor dem Logo des Synodalen Wegs. (Foto: dpa)

Der Münchner Kardinal hat als Vorsitzender der Bischofskonferenz die Kirche auf Reformkurs geführt. Sein Nachfolger muss diesen Weg weitergehen - und den Konflikt mit den Konservativen führen.

Kommentar von Matthias Drobinski

Kardinal Reinhard Marx will nicht mehr Chef der Bischofskonferenz sein. Das ist ein Verlust für die katholische Kirche und für die ganze Republik. Marx wird gehört in einer Gesellschaft, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, dass Bischöfe gehört werden. Er trat in seiner Amtszeit mutig für die Schwachen ein, für Flüchtlinge und Arme; für das Miteinander der Konfessionen, besonders beim Reformationsjubiläum 2017. Und er stand für die Erkenntnis, dass seine Kirche die innere Reform braucht - je länger er im Amt war, desto fester war er dieser Überzeugung.

Da wird der barocke wie manchmal burschikose Kardinal aus München fehlen. Und trotzdem liegt in dem Verlust auch eine Chance. Es ist die Chance auf den Generationenwechsel in einer Kirche, in der Bischöfe üblicherweise mit 75 Jahren ihr Amt abgeben, Kardinäle sogar erst mit 80. Der Verzicht des Kardinals auf eine zweite Amtszeit gibt den Bischöfen die Möglichkeit, mit dieser gerontokratischen Tendenz zu brechen. Gerade die jüngren Bischöfe haben zuletzt mit der nicht immer und unbedingt kollegialen Amtsführung des Vorsitzenden gehadert. Ein jüngerer Konferenzvorsitzender kann leichter von alter Macht lassen und Neues wagen - wenn er sich denn traut.

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Leicht wird aber auch er es nicht haben: Die Konflikte des alten Bischofskonferenzvorsitzenden werden auch die des neuen sein. Der Neue wird den Synodalen Weg weitergehen müssen, den Reformprozess, der gerade begonnen hat, wird die Debatte über Macht, Sexualität, Zölibat und die Rolle der Frauen fortsetzen müssen. Er wird sich zwischen den großen Erwartungen im Kirchenvolk und dem Misstrauen in Rom sowie bei den konservativen Bischofskollegen irgendwie hindurchtasten müssen.

Ein Scheitern kann er sich nicht leisten - das würde gerade die engagierten Gemeindemitglieder verärgern, besonders die Frauen, die an vielen Orten ihre Kirche lebendig halten. Doch wie ein Erfolg aussehen kann, der nicht zu neuen Konflikten mit den starken konservativen Strömungen in der Kirche führt, kann jenseits des lieben Gottes auch niemand so recht sagen.

Wer immer auch Bischofskonferenzvorsitzender wird: Er wird der Repräsentant einer Kirche im Richtungsstreit und in der Zukunftsdebatte sein; einer Kirche, die gerade erst beginnt, das institutionelle Versagen beim Missbrauchsskandal zu begreifen und die sich schon jetzt überlegen muss, wie sie in 30 Jahren aussehen will, wenn sie zur Minderheit in der Gesellschaft geworden ist. Da wird es dem Neuen nicht anders gehen als seinem Vorgänger Marx.

© SZ vom 12.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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