Der Erzbischof von München und Freising, Kardinal Reinhard Marx, hat Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten. Marx habe den Papst "gebeten, seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden", heißt es in einer Mitteilung seines Bistums vom Freitag.
In einem ebenfalls veröffentlichten Brief an den Papst schreibt Marx, die katholische Kirche gehe "durch krisenhafte Zeiten" und sei an einem "toten Punkt" angekommen. "Im Kern geht es für mich darum, Mitverantwortung zu tragen für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten."
Die Untersuchungen und Gutachten der zurückliegenden zehn Jahre zeigten für ihn, dass es "viel persönliches Versagen und administrative Fehler" gegeben habe, aber "eben auch institutionelles oder systemisches Versagen". Die Diskussionen der letzten Zeit hätten gezeigt, "dass manche in der Kirche gerade dieses Element der Mitverantwortung und damit auch Mitschuld der Institution nicht wahrhaben wollen und deshalb jedem Reform- und Erneuerungsdialog im Zusammenhang mit der Missbrauchskrise ablehnend gegenüberstehen". Er "sehe das dezidiert anders" und sei "bereit, persönlich Verantwortung zu tragen, nicht nur für eigene Fehler, sondern für die Institution Kirche, die ich seit Jahrzehnten mitgestalte und mitpräge", schreibt Marx.

Marx' Rücktrittsgesuch:"Es muss sein. Ich möchte diesen Weg gehen"
Die Entscheidung, ein Zeichen für die von Missbrauch in der Kirche Betroffenen zu setzen und sich zurückzuziehen, bringt Kardinal Marx von allen Seiten Respekt ein. Auch der Kölner Kardinal Woelki äußert sich. Alle Entwicklungen zum Rücktrittsgesuch im Überblick.
Zuletzt hatte sich Marx als reformfreudig hervorgetan
Marx ist einer der bekanntesten Bischöfe Deutschlands und war bis 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK). In der Reformdebatte der katholischen Kirche in Deutschland, dem "Synodalen Weg" hatte er sich zuletzt als reformfreudig hervorgetan. Kirchenrechtler hatten aber zuletzt schwere Vorwürfe gegen Marx erhoben; die Zeit berichtete, Marx habe als Bischof von Trier jahrelang nichts gegen einen Pfarrer unternommen, dem der Missbrauch mehrerer Jugendlicher vorgeworfen wurde.
Für diesen Sommer wird ein Gutachten über Fälle von sexualisiertem Missbrauch im Erzbistum München und Freising erwartet, das vor allem herausarbeiten soll, wie Missbrauch durch Priester im Bistum möglich wurde und ob hochrangige Geistliche Täter schützten. Ein ähnliches Gutachten für das Erzbistum Köln hatte im März für Aufmerksamkeit und personelle Konsequenzen gesorgt.