Es gibt da ein Mantra, das Markus Söder immer wieder mal aufsagt: Ein CSU-Chef habe nur einmal im Leben die Option aufs Kanzleramt. Nach dieser Logik hat Söder seine Lebenschance bereits verspielt. Im Frühjahr 2021 lieferte er sich mit CDU-Chef Armin Laschet einen epischen Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union. Dass Söder am Ende den Kürzeren zog, war eine Erfahrung, die er noch nicht gemacht hatte in seinem politischen Leben. Der Schmerz darüber war noch Monate später spürbar. Lange hieß es in der CSU, dass Söder in minutenlange, selbsttherapeutische Monologe verfalle, wenn irgendwer irgendwo den Namen Laschet fallen ließ. Und heute?
Etwas mehr als drei Jahre nach der Schlacht mit Laschet tut Söder wenig für den Eindruck, dass das Spiel um die Kanzlerkandidatur für ihn vorbei ist. Den heutigen CDU-Chef Friedrich Merz nennt er „Favorit“. Natürlich weiß Söder, dass Merz fest im Sattel sitzt und einiges passieren muss, damit sich die Tür zum Kanzleramt noch einmal für ihn öffnet. Aber falls die Tür doch aufgeht, möchte er unbedingt bereit sein.
Selbst in der CSU haben nicht wenige das Gefühl, dass Söder seine Aufgabe daheim zu klein geworden ist. Wenn der bayerische Ministerpräsident in einer Hamburger Hafenkneipe ein Seemannslied singt, wie zuletzt in der Fernsehsendung „Inas Nacht“, dann entkräftet das die Fernweh-Theorien nur sehr bedingt. Dazu betont Söder bei jeder Gelegenheit die Umfragen, die ihn konstant als beliebtesten Unionspolitiker ausweisen – und als aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten. Oder möchte da einer nur den Preis hochtreiben, wenn es bald darum gehen könnte, die Ministerien zwischen CDU und CSU zu verteilen?
Wie sehr dieser Mann wirklich bereit ist, um seine Chance zu kämpfen, wird sich nach den Ostwahlen im September zeigen. Dann wollen Merz und Söder die K-Frage klären. Gemeinsam.