Heikle Monate sind das, für Europa wie für China. Bundeskanzlerin Angela Merkel und eine stattliche Ministerriege besuchen Peking. China ist den Deutschen wichtig, das soll die Reise sagen, die mehr von Symbolik getragen wird denn von zwingender Tagespolitik. Der Zeitpunkt aber ist ein spannender.
Mit Deutschland und China treffen immer auch zwei Welten aufeinander. Hier das demokratische Europa, zuletzt von Selbstzweifeln befallen und um Zusammenhalt ringend. Dort das aufstrebende, diktatorisch regierte China, das eine Weile lang eine Überdosis von all dem Selbstbewusstsein geschluckt zu haben schien, das Europa abhandengekommen war.
Im Moment aber ist davon nur wenig zu spüren, Chinas Führer sind nervös. Es steht für den Herbst eine Rarität an: der friedliche Führungswechsel in einem autoritären System. Und ausgerechnet jetzt droht das Wirtschaftswunder zu stagnieren, bricht Chinas Exportwachstum ein, nicht zuletzt wegen der Krise in Europa. Das aber ist ein Problem für Chinas KP, deren Legitimität seit Jahren vor allem auf zwei Pfeilern ruht: dem von ihr geschürten Nationalismus und dem stetig wachsenden Wohlstand für Chinas Städter.
Die China-Besoffenheit ihres Vorgängers Schröder war Merkel stets fremd
Ja, Berlin erhofft sich Kooperation von Peking. Aber mehr denn je ist Peking auch auf ein gesundes Europa angewiesen. Die starke Frau Europas, so die inständige Hoffnung hier, möge doch bitte den Karren aus dem Dreck ziehen.
Die Beziehungen zwischen Peking und Berlin sind so gut wie selten. Das ist erstaunlich, wenn man daran denkt, wie die Kanzlerin in Peking verdammt wurde, nachdem sie 2007 den Dalai Lama empfangen hatte. Die China-Besoffenheit ihres Vorgängers Gerhard Schröder war Angela Merkel stets fremd. Anders als Schröder nimmt man ihr das Interesse ab, wenn sie über Menschenrechte spricht.
Und dazu gibt es leider erneut Anlass: Journalisten, die bedroht werden, Bürgerrechtler, die verschwinden, junge Tibeter, die sich in ihrer Verzweiflung selbst verbrennen - es gibt nur wenige China-Prophezeiungen, die sich als so falsch erwiesen haben wie jene, wonach dem Wachstum im Lande automatisch die Demokratisierung folgen würde. Stattdessen wuchs der Apparat der Repression, auch das ein Zeichen für die Nervosität.