Kanzlerin Merkel:Dax-Konzerne sollen auf Kündigungen verzichten

Kampf der drohenden Arbeitslosigkeit: Kanzlerin Merkel will mit den 30 größten Firmen über einen Kündigungsverzicht für 2009 verhandeln.

C. Hulverscheidt und S. Höll

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will im Januar mit den 30 größten Firmen des Landes über einen weitgehenden Kündigungsverzicht im Rezessionsjahr 2009 verhandeln.

Kanzlerin Merkel: Kanzlerin Merkel will mit den Dax-Unternehmen verhandeln. Wer vorschnell Mitarbeiter entlasse, werde später im Aufschwung Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden.

Kanzlerin Merkel will mit den Dax-Unternehmen verhandeln. Wer vorschnell Mitarbeiter entlasse, werde später im Aufschwung Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden.

(Foto: Foto: Reuters)

Ziel ist es, den erwarteten Anstieg der Arbeitslosigkeit so gering wie möglich zu halten. Parallel dazu will die Regierung weitere Maßnahmen zur Konjunkturbelebung ausarbeiten, die nach Informationen der Süddeutschen Zeitung womöglich schon am 12. Januar beschlossen werden sollen.

Der Vorschlag, auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, war Merkel am Sonntagabend beim Konjunkturgipfel im Kanzleramt von Siemens-Chef Peter Löscher unterbreitet worden. Nach den Plänen sollen Mitarbeiter, die zeitweise nicht gebraucht werden, nicht entlassen, sondern weitergebildet werden. Die Kosten würde zum Teil der Staat tragen. Der Idee schlossen sich andere Top-Manager an. An dem Treffen hatten neben Löscher unter anderem die Chefs von Deutscher Bank, Telekom und Linde, Josef Ackermann, René Obermann und Wolfgang Reitzle, teilgenommen.

Ob am Ende tatsächlich alle 30 Dax-Konzerne bei einem Kündigungsverzicht mitmachen würden, ist offen. Dennoch könne eine Selbstverpflichtung der Großunternehmen "Vorbildcharakter" für die gesamte Wirtschaft haben. Die Chefs der Wirtschaftsverbände sagten dem Vernehmen nach zu, auch im Mittelstand für die Initiative zu werben. Wer vorschnell Mitarbeiter entlasse, werde später im Aufschwung Probleme haben, qualifiziertes Personal zu finden, hieß es.

Nach Angaben des Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, könnte die Zahl der Arbeitslosen im Falle einer lang anhaltenden Krise von derzeit drei Millionen auf vier bis fünf Millionen steigen. In Regierungskreisen hieß es, die Gipfelteilnehmer seien "bestürzt" gewesen, in welch düsteren Farben Weise und die anwesenden Top-Ökonomen die Wirtschaftslage gezeichnet hätten.

Ackermann warnte zudem davor, dass "weitere Wellen" fauler Wertpapiere in dreistelliger Milliardenhöhe auf die Banken zurollen könnte. Teilnehmer zitierten ihn mit den Worten: "Es ist zwar kein Tsunami, aber ein fortdauerndes Erdbeben mit wechselnden Epizentren."

Um die Kreditversorgung der Wirtschaft sicherzustellen, bot der Deutsche-Bank-Chef an, Kredite bis auf weiteres vor allem an deutsche Firmen zu vergeben. Ob und in welcher Form andere Banken bereit sind, eine solche Initiative mitzutragen, soll nun eine Arbeitsgruppe klären.

Nach Angaben aus Regierungskreisen denkt die Koalition angesichts des nationalen und internationalen Drucks zudem darüber nach, früher als bislang geplant ein zweites Konjunkturpaket zu beschließen. Die Entscheidung soll bei einem Koalitionstreffen fallen, womöglich schon am 12. Januar. Bislang hatten die Spitzen von CDU, CSU und SPD signalisiert, erst im Februar oder März entscheiden zu wollen. Inzwischen sei aber klar, dass man schnell handeln müsse, hieß es.

Wie groß das zweite Hilfspaket ausfällt, ist noch offen. Als sicher gilt, dass es eine Milliardensumme für die Sanierung insbesondere von Schulen und Hochschulen enthalten wird. Ob auch Steuer- und Abgabensenkungen oder andere Konsumanreize beschlossen werden, ist dagegen noch ungewiss. Womöglich sei sogar ein drittes Paket nötig, sollte sich die Lage weiter verschlechtern.

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