Deutsch-polnische Beziehungen:Eine schwierige Reise

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Des Kanzlers Antrittsbesuche: Nach Paris und Brüssel folgt am Sonntag Warschau. (Foto: Hannibal Hanschke/AFP)

Trotz versöhnlicher Töne von beiden Seiten wird beim Antrittsbesuch des neuen Bundeskanzlers Olaf Scholz in Warschau deutlich, dass die beiden Nationen mehr trennt als nur der Streit um die Gaspipeline Nord Stream 2.

Von Daniel Brössler, Warschau

Für Polen ist es ein wichtiges Signal, für den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine schwierige Reise. Nachdem Scholz am Freitag Paris und Brüssel besucht hatte, machte er sich am Sonntag auf den Weg in die polnische Hauptstadt Warschau. Das sollte zum Ausdruck bringen, was die Parteien der Ampel auch im Koalitionsvertrag bekräftigt hatten.

Am Abend empfing ihn der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Er würdigte den Antrittsbesuch des deutschen Gastes als "Signal und Zeichen", dass die neue Bundesregierung an Zusammenarbeit bei "gemeinsamen Projekten und Herausforderungen" interessiert sei. "Deutschland und Polen sind Nachbarn und Freunde", sagte Scholz. Dies sei angesichts der Geschichte ein "großes Glück".

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Zur Sprache kamen aber auch Themen, die beide Nationen voneinander trennen. Morawiecki erneuerte die Forderung, die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen. Sie ermögliche es Russland nämlich, die Ukraine, aber auch Polen unter Druck zu setzen. Scholz sagte, dass sich Deutschland für die Fortsetzung des Gastransits durch die Ukraine einsetze.

Bereits beim Antrittsbesuch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Warschau am Freitag hatte Polens Außenminister Zbigniew Rau bereits den Stopp des Vorhabens gefordert. Baerbock äußerte sich dazu dann am Sonntagabend im ZDF: Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP hätten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass für Energieprojekte europäisches Energierecht gelte - "und das bedeutet, dass nach jetzigem Stand diese Pipeline so nicht genehmigt werden kann, weil sie eben die Vorgaben des europäischen Energierechts nicht erfüllt und die Sicherheitsfragen ohnehin noch im Raum stehen". Zudem sei zwischen den USA und der vorherigen Bundesregierung mitbesprochen worden, "dass bei weiteren Eskalationen diese Pipeline so nicht weiter ans Netz gehen könnte". Sie spielte damit auf die angespannte Lage an der Grenze zwischen Russland und der Ukraine an.

Im Streit über die Flüchtlinge im Grenzgebiet zu Belarus sicherte Scholz Polen Unterstützung zu. Das Vorgehen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko sei "menschenverachtend und wir haben eine gemeinsame Aufgabe, das zurückzuweisen", sagte der Bundeskanzler. Deutschland wolle solidarisch mit Polen gegen diesen unangemessenen Weg einer "hybriden Kriegsführung" vorgehen.

Verschiedene Vorstellungen von Europa

Im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit in Polen merkte Scholz an, er hoffe auf Fortschritte in dem damit verbundenen Konflikt zwischen Warschau und der EU. "Europa ist eine Werte- und Rechtsgemeinschaft. Uns verbinden die Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie", erklärte Scholz. "Und deshalb wäre es auch sehr gut und hilfreich, wenn die Diskussionen und Gespräche zwischen der Europäischen Union, der Kommission und Polen bald zu einer sehr guten pragmatischen Lösung führen könnten."

Morawiecki ließ allerdings erkennen, dass zumindest die Vorstellungen von Europa in Warschau andere seien als in Berlin. Er wandte sich gegen das von der Ampel-Koalition postulierte Ziel eines europäischen Bundesstaates. "Gleichschaltung ist keine gute Methode für das Funktionieren Europas", sagte er. Polen wisse seine Unabhängigkeit zu schätzen.

Die Reparationsforderungen einiger Politiker in Polen griff Morawiecki zwar nicht direkt auf, er wies aber auf die Leiden seiner Landsleute im Zweiten Weltkrieg hin. Scholz antwortete, Deutschland stelle sich der moralischen Verantwortung für das, was Deutsche in anderen Staaten im Zweiten Weltkrieg angerichtet hätten. Man leiste hohe EU-Finanzzahlungen. Von diesen "sehr, sehr hohen Beiträgen" fließe ein Großteil in EU-Länder im Süden und Osten der Union, was gut sei, betonte Scholz.

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